Qualifizierungsoffensive: Promotion mit FH-Abschluss - Öffnung der Universitäten gefordert

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Die Teilnehmerinnen der Jahrestagung der Gleichstellungsbeauftragten an Fachhochschulen beschäftigten sich in Nürtingen mit der Frage der Nachwuchsförderung.

NÜRTINGEN (pm) Ein klares Plädoyer gegen den Hürdenlauf bei einer Promotion mit Fachhochschul-Abschluss formulierten die Gleichstellungsbeauftragten an Fachhochschulen während ihrer bundesweiten Jahrestagung Ende Juni in Nürtingen. Die von Universitäten aufgestellten Zugangshürden seien kaum zu überwinden und stünden im Widerspruch zu Vorgaben der Politik. Neben politischen Lösungen wurden auch neue Wege zur Selbsthilfe aufgezeigt.

Die kooperative Promotion, bei der Fachhochschulen mit Universitäten zusammenwirken, könne erste Fortschritte für promotionswillige FH-Absolventinnen und -Absolventen erbringen. So das Credo der Tagung „Nachwuchsförderung ist mehr als Forschungsförderung“, bei der die Gleichstellungsbeauftragten an Fachhochschulen erstmals in Baden-Württemberg zusammen kamen. Über 50 Teilnehmerinnen aus ganz Deutschland suchten in Nürtingen nach Wegen, die Studierenden an Fachhochschulen den steilen Weg zur Promotion ebnen und mehr Professorinnen an Fachhochschulen bringen. Für diese Ziele plädierten in ihren Grußworten auch Klaus Tappeser, Ministerialdirektor im Wissenschaftsministerium Baden-Württemberg, der sich eine engere Zusammenarbeit von Fachhochschulen und Universitäten wünscht und Prof. Dr. Werner Ziegler, Rektor der gastgebenden Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU). 

Im Einführungsvortrag erläuterte Jan Rathjen von der Hochschulrektorenkonferenz vor allem die Ursachen und das Ausmaß der Probleme bei Promotionen mit FH-Abschluss. Weil Fachhochschulen keine Dr.-Titel verleihen dürfen, können Absolventinnen und Absolventen von Fachhochschulen nur an Universitäten (und einigen weiteren Hochschularten) promovieren.

Die Tagung macht deutlich, dass die Latte aber übermäßig hoch liegt, obwohl die Politik schonlang auf bessere Durchlässigkeit drängt So werden Promotionswillige mit FH-Abschluss von vielen Universitäten nur dann zugelassen, wenn sie an der FH die Note „sehr gut“ erreicht haben und in einem mehrsemestrigen Eignungsfeststellungsverfahren mehrere Prüfungen mit überdurchschnittlichem Ergebnis bestehen. Überdies sind die Zulassungsbedingungen außerordentlich intransparent, weil jede Fakultät ihre Promotionsordnung selbst festlegen kann und die Umstellung auf die neuen Bachelor- und Masterabschlüsse noch lange nicht abgeschlossen ist. Wegen solcher Hürden entfallen von den mehr als 24.000 Promotionen, die zwischen 2006 und 2008 abgeschlossen wurden, nur knapp 500 auf  Personen mit einem FH-Abschluss. Das belegt, wie wenig die Vorgaben der Politik zur Öffnung der Universitäten bisher erreicht haben.

Die sechs folgenden Tagungsbeiträge beleuchteten aus verschiedenen Perspektiven, wie die Hürden konkret aussehen und wie sie sich derzeit überwinden lassen. Auf einen Vortrag über Promovendinnen in der Genderforschung folgten Erfahrungsberichte von fünf FH-Absolventinnen mit abgeschlossenen oder laufenden Promotionen; hierbei zeigte sich, dass auch spezielle Förderprogramme für Frauen zu spürbaren Fortschritten beitragen können. Der Weg über kooperative Promotionen wurde an einem Beispiel verdeutlicht – dem Institut für Medizintechnologie, das von der Hochschule Mannheim und der Universität Heidelberg gemeinsam betrieben wird. Drei Websites, die von FH-Gleichstellungs­beauftragten aufgebaut wurden und gepflegt werden, geben praktische Hilfen; sie eröffnen Online-Zugänge zu vielen Promotionsordnungen oder zu diversen Service- und Mentoring-Angeboten für Akademikerinnen auf dem Weg zur FH-Professur.

Im Abschlussvortrag diskutierte Prof. Dr. ElkePlatz-Wauny Bundesvorsitzende des Verbandes Hochschule und Wissenschaft,  die Frage „Promotionsrecht für Fachhochschulen: eine realistische Vision?“. Für sie ist es ein „unhaltbarer Zustand“, dass Promotionen mit FH-Abschluss von Universitäten noch immer abgeblockt werden. Das widerspricht nicht nur den Vorgaben der Politik, sondern auch der Qualität der Fachhochschulen. Verbesserungen erwartet sie von der kooperativen Promotion, die schon in allen Landeshochschulgesetzen verankert ist und nur durch politischen Druck zunehmend Realität werden kann. Die kooperative Promotion hält Platz-Wauny zugleich für einen „notwendigen Schritt“ auf dem langen Weg zu dem Ziel: einem Doktorat (PhD) an Fachhochschulen, das eng mit den Forschungsleistungen der Fachhochschulen verknüpft ist.

Auf der Grundlage der Tagungsergebnisse fordern die Gleichstellungsbeauftragten der Fachhochschulen von der Hochschulpolitik eine nachdrücklichere Öffnung der Universitäten. Außerdem wollen sie auf einen Ausbau von kooperativen Promotionen und zielführenden Förderprogrammen hinwirken sowie ihre eigenen Unterstützungsangebote fortentwickeln.

Info:

Service- und Mentoring-Angebote für Akademikerinnen auf dem Weg zur FH-Professur:

www.fh-hannover.de/professur

www.gleichstellung-fh-bw.de.

Promotionsordnungen sind ab Herbst unter www.promotion-fh.de  einzusehen.

Ein Nachdruck des „Promotionsführers für Fachhochschulabsolventen“, der die aktuellen Promotionszugangsbedingungen an mehr als 200 Fakultäten/Fachbereichen von 70 deutschen Universitäten untersucht hat, ist gerade neu erschienen: Steinbeis-transferzentrum Berlin, Tel. 030/44723945, Fax: 030/44723946, E-Mail: Promotion-FH@web.de