Product Placement, verboten und doch begehrt

Published at
Die Veranstalter und der Stargast: Prorektor Professor Dr. Werner Ziegler, Andreas Waldner, Rektor Professor Fischer, Günther Oettinger und Pofessor Dr. Iris Ramme.

Die Veranstalter und der Stargast: Prorektor Professor Dr. Werner Ziegler, Andreas Waldner, Rektor Professor Fischer, Günther Oettinger und Pofessor Dr. Iris Ramme.

- Hochschule Nürtingen veranstaltete 1. Product Placement Kongress –
NÜRTINGEN. (üke) Ist es ein Zufall, dass in den beliebten Rosamunde Pilcher Filmen zur besten Sendezeit am Sonntag Abend die Darsteller häufig Wagen der Marke mit dem Stern fahren und diese immer wieder vorteilhaft ins Bild rücken? James Bond fuhr jahrelang BMW, dies war sicherlich kein Zufall. Was ist der Unterschied? Product Placement, zu Deutsch immer noch Schleichwerbung, ist im Kino Gang und Gäbe, im öffentlichen Fernsehen aber verboten. Doch die Realität sieht anders aus. Hinter dem Product Placement stecken tatsächlich exakte Strategien. Dies zeigte sich auf dem 1. Product Placement Kongress, den die Hochschule Nürtingen gemeinsam mit dem Nürtinger Unternehmen Andreas Waldner Marketing und Kommunikation veranstaltete.

„Und ist es doch verboten, so wird doch gerne von der Frucht genascht“. So lässt sich die Botschaft des Kongresses zusammenfassen. Viele Fernsehproduktionen sind ohne die Zusammenarbeit mit Markenartikelherstellern gar nicht mehr zu finanzieren. Dessen sind sich auch die Sender bewusst, die aber das hässliche Wort Product Placement lieber vermeiden und stattdessen von „Medienkooperationen“ sprechen. Dabei ist das Product Placement inzwischen salonfähig geworden. Dies machte auch Hochschulrektor Professor Klaus Fischer deutlich, Product Placement sei negativ besetzt und werde doch als innovatives Werbemittel genutzt. Auch der medienpolitische Sprecher und baden-württembergische Fraktionsvorsitzende der CDU, Günther H. Oettinger, lehnt das Product Placement nicht grundsätzlich ab. Es müsse allerdings auf die privaten Fromate beschränkt bleiben, die auf die Werbeeinnahmen angewiesen seien. Product Placement sei eine andere Form der Werbung und müsse auch so behandelt werden. Das heißt: nach 20.00 Uhr kein Product Placement im öffentlichen Fernsehen. Dies gelte auch für Sendungen nach dem Muster von „Wetten Dass“. Wenn dafür Product Placement notwendig sei, sei dies in Ordnung, aber nicht finanziert mit Zwangsgebühren.
Eine Sichtweise, die Professor Dr. Norbert Flechsig als Syndikus des SWR in Stuttgart teilte. Er sieht Product Placement schlicht als unzulässige Werbung im Rahmen des Programmes. Die gesetzlichen Vorgaben und Richtlinien, sowohl auf Landes- Bundes und der europäischen Ebene lassen hier keine Zweifel zu. Und doch: Es findet in jeder Ausprägung statt. Dr. Iris Ramme, Marketingprofessorin an der Hochschule Nürtingen, unterscheidet sieben verschiedene Arten des Product Placements. Da reicht die Bandbreite von der Platzierung einzelner Produkte bis dahin, dass Unternehmen ganze Sendungen produzieren. Ein Ansatz den unter anderen auch die Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft verfolgt. Die CMA lässt Kochsendungen produzieren, in denen die Zuschauer dann für deutsche Agrarerzeugnisse sensibilisiert werden sollen. Die Agentur rückt dabei kaum ins Bild. Ganz anders dagegen die Firma KUKA aus Augsburg. Der Roboterhersteller aus Augsburg war im letzten James Bond mit seinen Robotern in einer eineinhalbminütigen Sequenz zu sehen. Dies war kein Werbegag, sondern der Investitionsgüterhersteller geht mit dem Product Placement neue Wege im Marketing. Tatsächlich berichtete Michaele Otto, dass sich KUKA über die Zusammenarbeit mit der Produktionsfirma nun beginnt, die Unterhaltungsindustrie als neuen Markt für ihre Roboter zu erschließen. Product Placement gehört bei KUKA zum strategischen Marketing. Der Filmproduzent Florian Rederer nutzte die Platzierung von Popsongs in seinem neuesten Film, um Gelder für die Produktion zu erhalten.
Es ist eine ganze Branche, die von Produkt Placement lebt. Manfred Auer von der Bonner „Arrangement Group“ definiert heute 160 deutsche TV-Serien. Als SAT 1 als erster Privatsender das Licht der Welt erblickte waren es noch 30. Eine endlose Schlange von Markenartiklern stand damals Schlange, um Werbespots zu schalten für die es zu wenig Sendeplätze gab. Verglichen mit heute ist dies eine verkehrte Welt. Dies umso mehr, da niemand weiß, ob die Werbeunterbrechung im Fernsehen auch in Zukunft noch eine attraktive Plattform für die Werbetreibenden sein kann. Christian Morawietz stellte die neuesten Entwicklungen der Fast TV Server AG vor, die Fernsehen für den individuellen Bedarf ermöglichen. Diese „Personal TV“ Geräte sind bereits auf dem Markt und erlauben es den Zuschauern mühelos, Werbung zu überspringen. Schon aus diesem Grund versuchen die Werbetreibenden ihre Botschaften direkt in die Programme zu bekommen. „Programming“ heißt ein Trend in diese Richtung. Klaus-P. Buttgereit, Medienberater aus Hamburg sieht bei den Sendern die wachsende Bereitschaft angesichts des hohen Kostendrucks Sendungen teil finanzieren zu lassen. Finanzkooperation nennt sich das. Überall fehlt den Sendern das Geld, gehen die Reichweiten zurück und sinkt die Programmvielfalt. Laut Budgereit haben die Sender gar keine Wahl, als diesen Weg des Product Placement zu gehen: „Eine Sendung wie „Wetten Dass“ lässt sich anders nicht finanzieren“. Und anders als Günther Oettinger findet Klaus Buttgereit durchaus, dass eine solche Show auch in die öffentlich-rechtlichen Sender gehört.
Gerhard Schmücker, 13.11.2003