Neubau oder Sanierung – was ist wirtschaftlicher?

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Preisübergabe: Die Preisträgerinnen Karina Weber und Annik Englert (Vierte und Fünfte von links), Institutsleiter Prof. Markus Mändle (Sechster von links) sowie die Ge-nossenschaftsvorstände und Preisstifter Siegfried Lorenz, Andreas Knoke, Christian Reinhard und Peter Hasmann (von links). (Foto: IfK)

IfK-Preis für Bachelorarbeit von Annik Englert und Karin Weber

GEISLINGEN/STUTTGART (hfwu). Viele Bestandsgebäude, speziell aus der Nachkriegszeit, erfüllen nicht mehr die geforderten Standards. Wie geht man also mit Gebäuden um, die zukünftig nicht mehr nachgefragt werden? Mit dieser Frage beschäftigen sich Annik Englert und Karina Weber in ihrer preisgekrönten Bachelorthesis.

Der Wohnungsbestand in Deutschland wird bis heute von Gebäuden bestimmt, die in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut wurden. Gemessen an heutigen Baustandards weisen viele dieser Gebäude einen nicht mehr zeitgemäßen und energetisch schlechten Zustand auf. Wie soll man mit diesen Wohnungsbeständen umgehen, die zukünftig nicht mehr nachgefragt werden? Hier kommen prinzipiell zwei Lösungen in Betracht: der Bestandsersatz (Abriss und Neubau) oder die Kernsanierung. Ein klimaneutraler Gebäudebestand muss für die Mieter bezahlbar bleiben, zugleich aber auch für die Vermieter wirtschaftlich darstellbar sein. Die entscheidende Frage ist daher: Was ist wirtschaftlicher – Neubau oder Sanierung? Mit dieser Frage beschäftigen sich Annik Englert und Karina Weber, Absolventinnen des Studiengangs Immobilienwirtschaft der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU), die für ihre Bachelorarbeit „Nachkriegssiedlungen: Neubau versus Sanierung – ökonomischer Vergleich von Sanierung und Neubau am Beispiel von genossenschaftlich getragenen Quartiersentwicklungen in Stuttgart Giebel“ den Preis des Instituts für Kooperationswesen (IfK) verliehen bekamen. Das Institut für Kooperationswesen ist eine wissenschaftliche Einrichtung an der HfWU mit einem besonderen Tätigkeitsschwerpunkt im Bereich der Kooperationsforschung und der Genossenschaften.

Der mit 1.000 Euro dotierte IfK-Preis wird einmal im akademischen Jahr für besondere Leistungen von Studierenden im Fach Kooperationswesen verliehen. Gestiftet wird der Preis von vier Stuttgarter Wohnungsgenossenschaften, der BGC Baugenossenschaft Bad Cannstatt eG, der Baugenossenschaft Feuerbach-Weilimdorf eG, der Baugenossenschaft Gartenstadt Luginsland eG und der GWF Wohnungsgenossenschaft eG, die alle dem Institutsbeirat des IfK angehören.

Institutsleiter und Preisinitiator Professor Dr. Markus Mändle lobte die Preisträgerinnen: „Frau Englert und Frau Weber zeigen präzise den Einfluss verschiedener Kriterien auf die Investitionsentscheidung auf. Dabei können sie in ihrer Arbeit auf eine hervorragende Datengrundlage zurückgreifen, da sie zwei nahezu baugleiche Quartiere in unmittelbarer Nachbarschaft vergleichen. In einem Quartier wurde der Bestand saniert, im benachbarten Quartier wurde der Wohnungsbestand zeitgleich abgerissen und neu gebaut. Somit ergibt sich eine ideale Vergleichsbasis.“ Die Arbeit zeigt, dass sich die Frage der Vorteilhaftigkeit nicht pauschal beantworten lässt, sondern von den angelegten Kriterien und deren Gewichtung beeinflusst wird. So lässt sich im Neubau leichter Barrierefreiheit herstellen und man kann die Grundrisse passgenau auf die heutigen Anforderungen ausrichten. Dennoch ist es auch bei der Sanierung möglich, ein diversifiziertes Wohnungsangebot für verschiedene Nutzergruppen umzusetzen. Üblicherweise ergibt sich hier auch ein günstigeres Mietniveau als im Neubau. Wie Mändle erläutert, wird in der Arbeit noch ein weiterer Aspekt deutlich: Die Beurteilung der tatsächlichen Nachhaltigkeit von Gebäuden erfordert eine vollumfängliche Betrachtung der Immobilie im gesamten Lebenszyklus. Hier erweist sich der Neubau aufgrund der Berücksichtigung der grauen Energie häufig als ungünstiger als die Sanierung der vorhandenen Bestände. Nachhaltiges Bauen bedeutet also nicht immer, topmoderne energieeffiziente Neubauten zu realisieren, sondern auch, bestehende Gebäude zukunftsfähig zu machen und zu erhalten.