Mehr Schutz vor Elterndiskriminierung

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Sandra Maria Runge (links) und Karine Wenzel sprachen im Studium-generale der HfWU. (Foto: Manu Wolf)

Expertinnen sprechen sich im Studium generale für gesetzlich verankertes Elterndiskriminierungsmerkmal aus

NÜRTINGEN (hfwu). Elterndiskriminierung ist Realität in der Arbeitswelt. Die bestehende gesetzliche Basis sich dagegen zu wehren nicht ausreichend. Das machten die Referentinnen bei einer Studium-generale-Veranstaltung an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) deutlich. Sie fordern ein gesetzlich verankertes Diskriminierungsmerkmal „Elternschaft/Fürsorgeverantwortung“.

Im Bewerbungsgespräch Fragen nach der Kinderplanung und wie in Sachen Babybetreuung die Aufgaben mit dem Partner aufgeteilt würden. Ohne betriebsbedingte Gründe zu nennen Kündigung am ersten Tag nach der Elternzeit. Nach dem Wiedereinstieg kein gleichwertiger Arbeitsplatz. „Solche Fälle liegen bei mir auf dem Tisch und es sind keine Einzelfälle“, berichtete Sandra Maria Runge, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht. Runge und die Journalistin Karine Wenzel klärten im Rahmen einer Veranstaltung unter dem Titel „Glückwunsch zum Baby – Sie sind gefeuert!“ über Elterndiskriminierung in der Wirtschaft auf.

Oft sei das Thema noch mit einem Tabu behaftet. „Wir wollen dem Elefanten im Raum einen Namen geben und die Diskriminierung als das benennen, was sie ist“, sagte Wenzel. In einer Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, so die Referentinnen, gaben fast drei Viertel der Mütter an, in Zusammenhang mit einer Schwangerschaft negative Erfahrungen gemacht zu haben. Laut der Untersuchung wurden 15 Prozent der Mütter und sechs Prozent der Väter in Zusammenhang mit der Elternzeit gekündigt oder der Arbeitsplatz gestrichen.

Auf Basis der aktuellen Gesetzeslage sind ein Schutz vor Diskriminierung und Sanktionen nur eingeschränkt möglich, so der Befund der Initiatorinnen der Initiative #ProParents. Ihr zentrales Anliegen ist daher, dass im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzt (AGG) das Diskriminierungsmerkmal „Elternschaft/Fürsorgeverantwortung“ aufgenommen wird. Auf diesem Weg verzeichnen Runge und Wenzel auf bundespolitischer Ebene erste Erfolge, im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung wurde die Thematik aufgegriffen.

Der unzureichende gesetzliche Schutz habe auf gesellschaftlicher wie unternehmerische Ebene Folgen. Insbesondere in den Erwerbsbiographien bei Müttern zeigen sich die negativen Auswirkungen der Diskriminierung, der Gender Pay Gap verfestige sich. Stigmatisiert als Makel verschärfe Elternschaft und Sorgearbeit den Fachkräftemangel, die Transformation in der Arbeitswelt zu gelebter Vereinbarkeit von Familie und Beruf werde gebremst. Nach den Ausführungen der Expertinnen gab es für die Teilnehmenden an der Online-Veranstaltung, fast ausschließlich Frauen, noch ausreichend Zeit für Fragen und Diskussion.