Kaum Lob für die Mietpreisbremse

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Foto (hfwu/üke): Professor Dr. Jörg Heinzelmann moderierte den 36. Tag der Immobilie

- Tag der Immobilie stellt Koalitionsbeschlüsse auf den Prüfstand -

GEISLINGEN. (hfwu) Darf sich eine Hochschule um tagespolitische Themen kümmern? Für HfWU-Rektor Professor Dr. Andreas Frey ist die Antwort klar: Sie darf nicht nur, sie soll dies auch, solange die Neutralität gewahrt bleibt. Mit den wohnungspolitischen Beschlüssen der Großen Koalition auf der Tagesordnung war der diesjährige Tag der Immobilie an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen hochpolitisch geprägt.

Alle Interessensgruppen kamen bei der Tagung in der Jahnhalle zu Wort. Lob für die Koalition kam vor allem von Rolf Gaßmann, dem Vorsitzenden des baden-württembergischen Landesverbandes des Deutschen Mieterbundes. Die Mietpreisbremse ist für ihn das politische Mittel, um die Spirale hin zu steigenden Mietkosten vor allem für Bezieher niedrigerer Einkommen zu bremsen. Auch dass die Regierung die Rolle der Makler bei der Wohnungsvermittlung neu justiert, findet seine Zustimmung: „Es kann nicht sein, das deren Dienstleistung ausschließlich auf dem Rücken der Mieter stattfindet.“ Die Gefahr, dass der Neubau von Mietwohnungen durch die gesetzliche Mietgrenze abgebremst wird, sieht Gaßmann nicht. „Dass sich der Neubau von Wohnungen nicht mehr lohnt, ist Polemik. Die Bremse bedeutet nicht das Ende der Wohnungswirtschaft“.

Das Ende nicht, aber schon heute könnten die Unternehmen der Wohnungswirtschaft nicht mehr preisgünstig bauen. Die Verbandsdirektorin der baden-württembergischen Wohnungswirtschaft, Sigrid Feßler, sieht einen politischen Kollateralschaden in den Beschlüssen. Es würden ausgerechnet die Unternehmen, die für sozialverträgliches Wohnen sorgten, in die Mithaftung mit den Preistreibern genommen. Die Probleme steigender Mieten in den Zentren würden so nicht gelöst.

Ob die Bundesregierung mit ihren Beschlüssen ihre Ziele erreicht, sehen auch Wissenschaft und Praxis eher skeptisch. Der Weimarer Professor Ramon Sotelo sieht die Wohnungspolitik der Koalition als eine machtpolitische Maßnahme, die wenig mit Ordnungspolitik zu tun hat: „Es geht der CDU darum, die Mieter abzuschaffen und damit der SPD ihre Klientel zu nehmen“. Mit den wohnungspolitischen Beschlüssen ging es darum, Wahlen zu gewinnen. „Ordnungspolitisch ist dies alles Unsinn“. Sotelo geht davon aus, dass sich nach der Mietpreisbremse vor allem „diejenigen, die es sich leisten können“, noch größere Wohnungen beziehen und gerade Mieter mit geringerem Einkommen noch schwerer an bezahlbaren Wohnraum kommen. „Gerade die Gruppen, für die das Gesetz gemacht wird, werden am wenigsten davon haben“. Sotelo prognostiziert einen Bauboom. Allerdings nicht bei Miet- sondern bei Eigentumswohnungen. Er sieht den Mietwohnungsbau zusammenbrechen und bei den Neubauten „kommt in zehn Jahren der große Knall“.

Ulrich Jacke, als Geschäftsführer von Dr. Lübke + Kelber der Investorenseite zugeneigt, widerspricht trotz großer Zustimmung: „Gerade ausländische Investoren sehen den deutschen Markt als politische Spielwiese. Es ist viel Vertrauen verloren gegangen“. Mit Rechenmodellen weißt Jacke nach, dass erst bei teuren Lagen die Mietpreisbremse wirkt. Damit habe sie exakt den gegenteiligen Effekt, als dies von der Koalition gewollt sei. Er sieht darin ein völlig falsches Instrument, das den Wohnungsbau nicht fördere, sondern eher behindern werde.

Gerhard Schmücker, 15.05.2014