Grün für die Stadt der Zukunft

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- Diplomarbeit an der FH ergänzt Colani Entwurf für Shanghai –
NÜRTINGEN. (üke) „Die Stadt der Zukunft“, Science Fiktion Romane und Filme haben sich damit befasst, unzählige architektonische Visionen versuchen eine Frage auf die Antwort zu finden, wie wir morgen leben. Zumindest einen konkreten Entwurf gibt es: Lugi Colani, der Designer, der mit gewagten Entwürfen Aufsehen erregt, hat eine Biocity, eine neue Stadt geplant, die auf einer vorgelagerten Insel der chinesischen Metropole Shanghai entstehen soll. Jana Witte und Frank Bornmann, Absolventen der Fachhochschule Nürtingen, haben diesem Entwurf eine landschaftsarchitektonische Planung hinzugefügt.

Der Anfang des Projektes war eher profan: Frank Bornmann war auf der Suche nach einem Thema für seine Diplomarbeit. Dabei wollte er ausgetretene Pfade verlassen. Auf Colanis Vorstellungen seiner „Biocity“ stieß Bornmann auf einer Ausstellung des Mannheimer Verkehrverbundes, bei der es um neue städtische Verkehrssysteme ging. Colanis Stadt stand dort als Modell, da in dieser Vision ein unterirdisches Transportsystem für die Beförderung der Einwohner sorgt. Frank Bornmann erkannte gemeinsam mit seiner Kommilitonin Jana Witte schnell, welche Herausforderung Colanis Arbeit für Landschaftsarchitekten darstellt. Grünflächen, Landschaft, schlicht alles was „grün“ ist, fehlt in Colanis Entwurf. Er beschränkt sich als Künstler auf seine Vision, auf die äußere Hülle seines Entwurfs.
Bei der „Biocity“ handelt es um den Prototyp einer Stadt, eine Mutterstadt, die auch an andere Orte exportiert werden kann. Aus diesem Grund hat Colanis Mutterstadt den Umriß eines weiblichen Körpers. In seiner Vision wohnen dort Wissenschaftler aus aller Herren Länder, zu gleichen Teilen Männer und Frauen, nur um zu forschen und nach drei Jahren die „Biocity“ wieder zu verlassen. Kinder und alte Menschen sind in dieser zweckgebunden Stadt nicht vorgesehen. Auf den ersten Blick wirkt dies wenig menschlich. Jana Witte und Frank Bornmann wollten dieser statischen Struktur nun genau dies alles hinzufügen, was das Leben in einer Stadt lebenswert macht: Parks, Grünflächen, Wasserzonen und öffentliche Räume. Mehrfache persönliche Gespräche mit dem Meister persönlich waren dazu notwendig, der dem Vorhaben der FH-Studierenden letztlich keine Steine in den Weg legte. Den Colani Plan jedoch einfach mit Entwürfen für eine Landschaftsarchitektur zu ergänzen, das war aus der Sicht der Studierenden zum Scheitern verurteilt. Ihr Ziel war Colani in seiner Planungswelt zu belassen und einen eigenen Landschaftsplan zur Seite zu stellen: Aus der „Biocity“ wurde schnell die „Humancity“, die menschliche Stadt, in der Wohnen und Leben nach menschlichen Bedürfnissen möglich ist. „Wenn unser Plan nicht funktioniert hätten wir falsch geplant und wären keine Landschaftsarchitekten,“ beschreibt Jana Witte den Anspruch der Studierenden.
Fast wären die beiden an der schieren Größe des Projektes gescheitert. Die Stadt in Form einer menschlichen gestalt war schlicht zu groß. Deshalb beschränkten sich Bornmann und Witte auf ein „Bein“ des Körpers. Dort finden sich nun Straßen, Plätze und Wege, die den statischen Entwurf Colanis mit der Natur verbinden. Die Muskeln bilden die Siedlungsflächen, Knochen sind freie Flächen und die Gelenke bieten Raum für Begegnungsflächen, sogenannten Kommunikationspunkten. Sie beherbergen Kinos, Kneipen und Restaurants. Die beiden Studierenden entwickelten beispielhaft zwei Typen von Siedlungen, die sich nun auf die gesamte Fläche der Stadt übertragen lassen. Die Biocity vor Shanghai wird so zu einem Entwurf, der umsetzbar ist und von der Vision zu lebenswerten Stadt wird. Jana Witte und Frank Bornmann haben mit ihrer Diplomarbeit den üblichen Rahmen gesprengt. Ein Versuch der belohnt wurde. Beide haben für ihre Arbeit die Bestnote kassiert und sich als kreative und innovative Geister für internationale Aufgaben qualifiziert. Beide Top-Absolventen werden ihr Glück im Ausland versuchen: Jana Witte beginnt ihr Arbeitsleben in der Schweiz, Frank Bornmann verschlägt es in die chinesische Niederlassung eines australischen Architekturbüros in, wen wundert´s, Shanghai.
Bild (J.Witte/F.Bornmann): Die Gesamtfläche der “Human City“, der Luigi Colanis Entwurf seiner „Biocity“ zu Grunde liegt, zeigt sich als ein Umriss angelehnt an eine menschliche Gestalt.