Geislinger Hochschultage: Spannende Diskussion über schmutzige Geschäfte

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Oberstaatsanwalts erklärt Korruption
GEISLINGEN. (ab) Es wird geschmiert und bestochen – wir können es täglich in der Zeitung lesen. Im Rahmen der Geislinger Hochschultage diskutierten am Mittwoch der Stuttgarter Oberstaatsanwalt Bernd Wendler und Rechtsanwalt Professor Dr. Wolfgang Winkelbauer über Korruption in Deutschland. Moderiert wurde der Abend von Professor Dr. Dieter Weber, Richter am Landgericht Ulm und Studiengangleiter an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) in Geislingen.

Erst vor wenigen Tagen wurde von der Organisation Transparency International ein weltweiter Korruptions-Index von 158 Staaten vorgestellt. Deutschland hat demnach im Vergleich zum Vorjahr einen Platz eingebüßt und liegt nun auf Rang 16. Dass dies Einfluss auf die internationale Investitionsbereitschaft hat, stellte Oberstaatsanwalt Wendler bei seinen einleitenden Worten heraus. Er nannte es ein schwaches Bild, das Deutschland hier abliefere. Die interessante Diskussion ließ auf unterhaltsame Weise tiefe Einblicke in die Juristerei zu.
Der Oberstaatsanwalt, der in den achtziger Jahren für kurze Zeit Strafrichter in Geislingen war, lieferte den knapp 100 Zuhörern zunächst eine rechtliche Definition von Korruption. Er führte aus, dass Vorteilsnahme oder der „heimliche Missbrauch von anvertrauter Macht“, wie er es auf einen kurzen Nenner brachte, vorwiegend in Firmen vorkomme. „Oftmals riskieren die Beteiligten ihren Job für relativ wenig Werte“, rechnete er die Folgen für einen 40-Jährigen Mitarbeiter hoch, der nach einem Korruptionsfall beruflich am Ende ist.
Heiß wurde es einigen Zuhörern, als Rechtsanwalt Winkelbauer erklärte, dass sich Sponsoren von öffentlichen Einrichtungen auf einem schmalen Grad bewegten. Der Fall eines Bauunternehmers der nach Fertigstellung eines öffentlichen Kindergartens vom Bürgermeister der Gemeinde um eine Spende für Spielsachen gebeten wurde, belegte dies deutlich. Der Zusammenhang der Spende und der erbrachten Leistung in Form des erfüllten Bauauftrages, verheißt juristisch betrachtet für beide Seiten nichts Gutes. Sparkassendirektor Rolf Nau, der die Geislinger Hochschultage als Mitorganisator finanziell unterstützt, konnte sich aber beruhigt zurücklehnen, da seine Form der Imagewerbung und Unterstützung nicht an die Eröffnung von Hochschulkonten bei der Kreissparkasse gekoppelt ist.
Auch Geislingens ehemaliger Bürgermeister Gerhard Engler stellte an die beiden Experten Fragen bezüglich Sponsoring im öffentlichen Bereich. Die Korruptionsproblematik könne hier nach den Worten von Wolfgang Winkelbauer nur durch Transparenz gelöst werden. Wendler gab den Tipp stets den Gemeinderat und übergeordnete Dienststellen einzubeziehen sowie die Öffentlichkeit zu suchen. Zudem sollte ein enger Bezug zwischen Geschäftsbeziehung und Spende vermieden werden. Dies gelte auch im Hochschulbereich. Professor Dr. Dieter Weber fragte nach der so genannte Drittmittel-Einwerbung, die zur Hochschul-Finanzierung unerlässlich ist. Dabei ist für Rechtsanwalt Winkelbauer klar, dass diese Zuwendungen nicht an Gegenleistungen gekoppelt werden dürfen. Denn schon die Frage eines potenziellen Spenders an die Hochschulleitung: „Was kostet bei Ihnen eine Honorarprofessur“ bereitet dem Verteidiger erhebliches Kopfzerbrechen und ruft den Oberstaatsanwalt auf den Plan.
Andreas Bulling, 20.10.2005