Gärten als heilige Stätten

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- Beeindruckender Vortrag über japanische Gärten an der Fachhochschule Nürtingen -
Nürtingen (üke). Tokio, Osaka, Kobe - japanische Großstädte gelten hierzulande als hektische überladene Metropolen, mit horrenden Lebenshaltungskosten, überfüllten Zentren und nahe am Verkehrsinfarkt. Städte eben, die in der heutigen Welt als pulsierende Gebilde gelten, getragen von Modernität und Urbanität. Doch auch diese Städte haben ihre Inseln, die von Tradition und tiefer Religiosität geprägt sind: Alte traditionelle Gärten, die als Oasen der Ruhe gelten und in allen Bereichen die Einflüße der Shinto Religion, der alten traditionellen japanischen Glaubensrichtung, abbilden.

Auf Einladung des Bundes Deutscher Landschaftsarchitekten (BDLA) war unlängst Professor Günter Nitschke zu Gast an der Fachhochschule Nürtingen und zeigte in einem beeindruckenden Vortrag die "Shinto Einflüsse in japanischen Gärten". Trotz aller Modernität und Zukunftsgläubigkeit haben die alten japanischen Gärten nichts von ihrer religiösen Kraft verloren. Sie sind Ausdruck eines Naturverständnisses, das bis heute in Japan dominiert. Die alten Gärten sind Stätten der Ruhe in einer hektischen Außenwelt. In der Bevölkerung herrscht ein tiefer Respekt vor den alten Gärten. Es ist undenkbar, dass in den Gärten Müll herumliegt. Selbst in einer Mega-Stadt wie Tokio, sucht man vergebens nach Spuren des Vandalismus in diesen Gärten. Zeitgenössische Gartenanlagen werden von der Öffentlichkeit nur schwer als Gärten im klassischen Sinne akzeptiert. Ein Besuch in einem klassichen Garten ist dagegen mit einem Kirchgang vergleichbar.
Beeindruckend für deutsche Planer ist vor allem der überaus sparsame Materialeinsatz der japanischen Gartenkünstler. Wasser, Stein, Erde, Pflanze sind die vier Hauptelemente die beeindruckend bescheiden verwendet werden, dafür aber in der Kombination perfekt angeordnet sind. Jede Pflanze und jeder Stein haben einen definierten Ort, die Gartenplaner verwenden jede Pflanze gezielt für einen gestalterischen Zweck. Auch in der Farbgestaltung gehen die alten japanischen Gartenbauer einen Weg, der den Lauf der Natur wiedergibt. Die Jahreszeiten spiegeln sich in der Farbgestaltung wieder, je nachdem wie bestimmte Pflanzen verwendet werden.
Günter Nitschke ist gebürtiger Berliner, der schon seit drei Jahrzehnten in Japan lebt und arbeitet. Nach dem Studium der Architektur und Stadtplanung in Karlsruhe und in London, studierte Nitschke modernes und klassisches Japanisch in Tokio. Seit 1987 ist Nitschke Professor an der Universität Kyoto und leitet dort das Institut für Ostasiatische Architektur und Städtebau. Der Vortrag Nitschkes fand in Zusammenhang mit der Ausstellung "Japanische Gärten" statt, die noch bis 25. März in der ifa-Galerie am Charlottenplatz in Stuttgart zu sehen ist.