Frauenförderung: Seit zehn Jahren auf Erfolgskurs – doch Sorgen um die Zukunft

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Überregionales Zentrum für Frauenförderung in Geislingen/Steige

Am 15. Februar wurde am Standort Geislingen der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen ein stilles Jubiläum gefeiert: Dort ist seit zehn Jahren die Koordinierungsstelle der Gleichstellungsbeauftragten an Fachhochschulen in Baden-Württemberg angesiedelt. Sie begann als interner Dienstleister für die Gleichstellungsbeauftragten im Land. Heute ist sie ein einzigartiges Kompetenzzentrum für alle Akademikerinnen, die Professorin an einer Fachhochschule werden wollen. Die Koordinierungsstelle betreibt Förderprogramme des Landes und erstellt Informationen, Tipps und Serviceangebote rund um die FH-Professur, die über die Website www.gleichstellung-fh-bw.de weltweit genutzt werden. Was davon Zukunft hat, ist allerdings unsicher.

„Schon Tausende von Frauen haben wir auf ihre Karrierechancen an Fachhochschulen aufmerksam gemacht und Hunderte von Akademikerinnen mit Interesse an einer Professur persönlich beraten. Mindestens 51 Professorinnen sind aus unseren Aktivitäten schon hervor gegangen, mehr als aus jedem anderen Förderprogramm“, berichtet Prof. Dr. Margot Körber-Weik voll Stolz. Die Professorin für Volkswirtschaftslehre leitet nebenamtlich die Koordinierungsstelle, in ihrer Funktion als Sprecherin der Landeskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten an Fachhochschulen und Gleichstellungsbeauftragte der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen.
Auch Außenstehende schätzen die Arbeit der Koordinierungsstelle. Eine der geförderten Wissenschaftlerinnen hält „die an der FH Nürtingen initiierte Gleichstellungsförderung für vorbildlich und würde sie ... auch in anderen Bundesländern wünschen“, einer anderen Akademikerin mit Interesse an einer FH-Professur haben die Websites „richtig Mut gegeben, es zu versuchen!“ (vollständige Zitate und weitere Beispiele in der Website). Selbst der Rechnungshof Baden-Württemberg hat die Arbeit der Koordinierungsstelle nachdrücklich gelobt. In seiner Denkschrift 2005 bewertet er sie nicht nur als ordnungsgemäß und wirksam, sondern sogar als „kundenorientiert und professionell“. Zugleich unterstützt der Rechnungshof das Ziel der Arbeit, eine nachhaltige Steigerung des noch immer viel zu niedrigen Frauenanteils bei den Professuren. An den Fachhochschulen waren 2004 im Land erst 10,8 Prozent der Professuren von Frauen besetzt, obwohl schon 36,1 Prozent der dort Studierenden und über 50 Prozent der Studienberechtigten weiblichen Geschlechts sind (aktuellere Daten aus der amtlichen Statistik sind nicht verfügbar).
Damit mehr Frauen als Professorinnen berufen werden, hat die Landeskonferenz im Lauf der Jahre ein umfassendes Maßnahmenpaket entwickelt, das von der Koordinierungsstelle umgesetzt wird. Den Einstieg in alle Angebote eröffnet die umfangreiche Website www.gleichstellung-fh-bw.de (über 1000 Zugriffe je Monat). Dort finden Interessierte alles Wissenswerte zur Chancengleichheit an Fachhochschulen, von Informationen über gesetzliche Rahmenbedingungen und Förderprogramme über persönliche Strategietipps und Beratungsangebote bis zu Kontaktmöglichkeiten via Online-Datenbank (aktuell über 1000 Nutzer/innen). Wer Genaueres wissen will oder speziellere Auskünfte benötigt, kann an Veranstaltungen teilnehmen (z.B. Infoabende und Bewerbungstrainings) oder wird von der Koordinierungsstelle und Mentorinnen individuell beraten. Ergänzende finanzielle Förderung gibt es über das Mathilde-Planck-Programm, das 1997 von der Landeskonferenz initiiert wurde und derzeit den Erwerb von Lehrerfahrung und das Nachholen einer Promotion erleichtert.
Die Umsetzung des skizzierten Maßnahmenpakets bildet den Arbeitsschwerpunkt der Koordinierungsstelle. Darüber hinaus unterstützt sie die Gleichstellungsbeauftragten der Fachhochschulen und die Sprecherinnen der Landeskonferenz – nimmt also weiterhin die Entlastungsfunktion wahr, die vor einem Jahrzehnt zur Gründung der Koordinierungsstelle geführt hat. „Dankenswerterweise hat das Wissenschaftsministerium Baden-Württemberg auf Bitte der Landeskonferenz damals eine Stelle in den Landeshaushalt eingestellt und nach dem Anlaufen des Mathilde-Planck-Programms um eine halbe Stellen aufgestockt“ erinnert sich Körber-Weik. Damit werden drei Teilzeit-Mitarbeiterinnen beschäftigt. Von Anfang an dabei ist Diplom-Bibliothekarin (FH) Margit Wirth-Vogt, die heute vor allem für die Durchführung der Veranstaltungen und die Pflege der Website zuständig ist. Diplom-Volkswirtin Doris Junginger-Lutz (Durchführung Mathilde-Planck-Programm und Online-Datenbank) und Carmen Wallbaum (Durchführung Kontaktpflege und Sekretariat) wirken seit 1999 mit.
Trotz aller Erfolge und Anerkennungen ist die Arbeit des Quartetts derzeit von Sorgen überschattet. Als Hauptproblem sieht es die künftige Finanzierung des Maßnahmenpakets, das derzeit rund 450.000 Euro pro Jahr kostet und lediglich ein gutes Zehntel aller Frauenfördermittel ausmacht. Denn die aktuelle Finanzierung aus dem Bund-Länder-Programm HWP (Hochschul- und Wissenschaftsprogramm) läuft schon Ende 2006 aus. Überdies ist ein Nachfolgeprogramm aus Landesmitteln noch unsicher und wird voraussichtlich nur die Hälfte des bisherigen Gesamtvolumens umfassen. Dann kommt es auch bei der Frauenförderung zu drastischen Kürzungen. „Hierbei dürfte die Politik eigentlich nicht dem beliebten Rasenmäherprinzip folgen, nachdem sowohl der Rechnungshof als auch der Landtag die besonders erfolgreichen Maßnahmen an Fachhochschulen weiterführen wollen“ hofft Körber-Weik. Das bedeute Umverteilungen zwischen den Hochschularten und ermögliche eine bessere Zielerreichung. Zusätzlich müsse die Eigenständigkeit der Koordinierungsstelle für Fachhochschulen erhalten bleiben. Das vom Rechnungshof angeregte Zusammenlegen mit der Koordinierungsstelle für Universitäten, Pädagogische Hochschulen sowie Kunst- und Musikhochschulen verkenne vor allem die Strukturunterschiede zwischen den Hochschularten und werde deshalb von den Gleichstellungsbeauftragten aller Hochschulen abgelehnt.
Rückfragen bitte an Prof. Dr. Margot Körber-Weik, Koordinierungsstelle, Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen, Postfach 12 51, 73302 Geislingen/Steige, Tel. (07331)22-485 oder (07121)240584, E-Mail: margot.koerber-weik@hfwu.de.