Fachhochschule Nürtingen: Das Haus ist wohlgeordnet

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Rechenschaftsbericht des Rektors - Letzte Sitzung des Erweiterten Senats- Ausbau in Geislingen in vollem Gange -
NÜRTINGEN. (üke) Eine denkwürdige Sitzung erlebte die Fachhochschule Nürtingen am Donnerstag dieser Woche: Der Erweiterte Senat kam zu seiner letzten Sitzung zusammen. In dem neuen baden-württembergischen Hochschulgesetz ist der Erweiterte Senat als Hochschulgremium nicht mehr vorgesehen. Das Gesetz, das zum Jahresbeginn in Kraft trat, sieht in Zukunft den neuen Hochschulrat als Beratungs- und Kontrollorgan vor. Es daher das letzte Mal, dass der Rektor der Fachhochschule Nürtingen, Professor Dr. Eduard Mändle, in einer öffentlichen Sitzung seinen Rechenschaftsbericht vorlegte. In Zukunft wird der Rektor seine Jahresbilanz hinter verschlossenen Türen abgeben.

Die Bilanz des letzten Jahres sieht für die Fachhochschule Nürtingen im Großen und Ganzen positiv aus. Im Rechenschaftsbericht richtet der Rektor jedoch nicht nur den Blick auf die eigene Hochschule, Dr. Mändle nutzt diese Gelegenheit auch, die Hochschulpolitik insgesamt in den Augenschein zu nehmen. Wohl kaum ein Bereich unterliegt derzeit einer solch intensiven Reformdiskussion wie das Hochschulwesen. Das neue Gesetz in Baden-Württemberg ist nur ein Beispiel dafür. Auch auf Bundesebene wird hitzig darüber debattiert, wie die Hochschulen in Zukunft auszusehen hätten. Die Fachhochschule Nürtingen ist direkt von dieser Reformwelle betroffen.
So nahm Dr. Mändle auch zu der gegenwärtigen Green-Card Diskussion Stellung und vor allem auch die Wirtschaft in Pflicht. Nach wie vor liege die Bundesrepublik im Vergleich der Industriestaaten am hintern Ende der Skala, wenn es um den Anteil der Bildungsausgaben am Bruttosozialprodukt gehe. Dies sei in einem Land, das auf den Bildungsstandard, auf das Kapital in den Köpfen angewiesen sei, untragbar. Gleichzeitig würden nun die Hochschulen dafür verantwortlich gemacht, dass qualifizierte Experten fehlten. Laut Dr. Mändle zeige diese Diskussion vor allem eines: Es sei sicherlich nicht nur die Schuld der Schulen und Hochschulen sondern auch der Wirtschaft, dass diese Situation eingetreten sei. "Es ist noch nicht lange her, dass ganze Absolventenjahrgänge junger Ingenieure nach dem Studium ohne Job dastanden!" Jungen Studienanfängern wurde gerade auch von hochrangigen Wirtschaftsvertretern vom Informatikstudium abgeraten. Niemand dürfe sich wundern, und dies sei auch die Erfahrung an der Fachhochschule Nürtingen, dass die Studierenden sensibel und nachhaltig mit ihrer Studienwahl auf solche Äußerungen reagierten.
Für die eigene Hochschule konnte der Nürtinger Rektor berichten, dass vor allem am Standort in Geislingen der Ausbau des Studienangebotes zügig vorangehe. Der neue Studiengang Wirtschaftsrecht ist mit 162 Bewerbern aif die 35 Studienplätze im Wintersemester 1999/2000 hervorragend aus den Startlöchern gekommen und auch der Neubau für weitere Hörsäle hat im Berichtszeitraum begonnen. Die Internationalisierung des Studienangebotes, die ebenfalls ein Teil der landesweiten Reformbestrebungen darstellt, hat auch die Fachhochschule Nürtingen voll erfasst. Zwei Masterstudiengänge wurden im letzten Jahr etabliert, im Herbst beginnt der völlig neue Studiengang "International Finance Management", der zum großen Teil in englischer Sprache angeboten wird und den Studierenden die Abschlüsse Bachelor und Master anbietet.
Ebenfalls neu ist der Studiengang Ver- und Entsorgungswirtschaft, der im Herbst am Standort in Geislingen startet. Neue Masterstudiengänge werden auch in den Fachbereichen Landschaftsarchitektur, Umwelt- und Stadtplanung und am Fachbereich Agrarwirtschaft entwickelt. Die Landschaftsarchitektur entwickelt einen Studiengang gemeinsam mit den Fachhochschulen Weihenstefan und Rapperswil in der Schweiz, die Agrarwirtschaftler wollen dagegen gemeinsam mit der Fachhochschule Sigmaringen einen neuen Masterstudiengang "Food Chain Management" auf die Beine stellen.
Dieser Ausbau des Studienangebotes beschert der Fachhochschule Nürtingen einen deutlichen Zuwachs an Professorenstellen. So laufen derzeit 18 Berufungsverfahren für neue Professuren - der Wermutstropfen dabei ist allerdings, dass sich nur noch schwer geeignete Kandidaten finden lassen. Auf eine EDV-Professorenstelle ist vor Kurzem nur eine Bewerbung eingegangen. Selbstverständlich ist auch die Fachhochschule Nürtingen auf der Suche nach Spitzenleuten für ihre Forschung und Lehre. Bei der Bezahlung ist die Fachhochschule gegenüber der Wirtschaft jedoch kaum konkurrenzfähig.
Erfreulich ist aus der Sicht des Nürtinger Hochschulrektors der Erfolg bei der Unterstützung durch die Wirtschaft. Mit bald vier Stiftungsprofessuren, die von verschiedenen Unternehmen bezahlt werden ist die FH-Nürtingen Spitze. Im ganzen Land gibt es deren nur 25. Gleiches gelte für die Forschung. Allein am Institut für Angewandte Forschung werden derzeit 26 Forschungsprojekte bearbeitet. Eine Bilanz, die sich sehen lassen kann. Die Bewerberzahlen der verschiedenen Studiengänge sind durchweg erfreulich mit einer Ausnahme: Die Agrarwirtschaft, noch immer stagniert hier die Zahl der Bewerber. Derzeit gebe es auf drei offene Stellen in der Agrarwirtschaft nur einen Absolventen. Jungen Menschen sei nur schwer zu vermitteln, dass es in der Agrarwirtschaft vorzügliche Jobperspektiven gebe. Das Nürtinger Studium in diesem Bereich sei attraktiv und man werden weiterhin massiv für diesen Studiengang werben.