Den Planeten retten ist nicht unmöglich

Published at |

- Umweltminister Untersteller spricht bei der Absolventenverabschiedung an der HfWU -

NÜRTINGEN (hfwu). Franz Untersteller ist kein Weltuntergangsprediger. Der baden-württembergische Umweltminister nahm an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt kein Blatt vor den Mund, als er auf den Zustand unseres Planeten zu sprechen kam. Aber er glaubt daran, dass Wirtschaft und Umwelt kein Gegensatz sind. Er traut es Deutschland zu, aus den ökologischen Herausforderungen wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen.

Vor 244 Absolventen der Fakultät Umwelt, Gestaltung, Therapie bedauerte er, dass die Umweltdiskussion häufig einseitig auf Verzicht gepolt sei. Allein der Klimaschutz böte ein riesiges Modernisierungsprogramm für die Wirtschaft mit der Wertschöpfung zuhause. Untersteller, der selbst einst im Jahr 1982 sein Studium an der HfWU beendete, blickte auch mit etwas Stolz auf „seine“ Hochschule: „Der Name der HfWU kann aktueller nicht sein“. Mit dem Profilnamen „Wirtschaft und Umwelt“ hatte er auch seinen Vortrag überschrieben und mit den Worten eingeleitet, wir „kriegen beides zusammen hin“. Damit meinte der auch die HfWU-Absolvent*innen, die er direkt ansprach: „Auf Sie kommt es an, die Mission den Planeten Erde zu retten, ist keine mission impossible“.

Ein Beispiel dafür, wie die Hochschule damit umgeht, hatte zuvor HfWU-Rektor Professor Dr. Andreas Frey geliefert. In seiner Begrüßung der Absolvent*innen beschrieb er passend zum Wetter den wachsenden Klimastau in den Städten. Gemeinsam mit dem Unternehmen ZinCo, einer Reihe von Kommunen und Verbänden, arbeitet die HfWU in einem neuen regionalen Kompetenzzentrum zur Stadtbegrünung. Davon profiteiert die Fakultät Umwelt, Gestaltung, Therapien mit ihren Studierenden und Absolventen, denen Rektor Frey zum Abschluss gratulierte. „Im Moment der Urkundenübergabe, werden Sie Akademiker. Seien Sie stolz, Sie haben Großes geleistet“. Sie stünden nun am Anfang eines Berufslebens, auf das sie fachlich bestens vorbereitet seien. „Ein guter Anfang ist die Hälfte des Erfolges“, mit diesem Zitat überließ Frey die Bühne dem Gastredner aus der Landeshauptstadt, nachdem er noch den Professor*innen und Mitarbeiter*innen der Fakultät für deren Arbeit gedankt hatte.

Die Vorlage für den Minister hätte kaum besser passen können: Vor den Fenstern des Nürtinger K3N glühte die Sonne auf den höchsten Temperaturen und Untersteller bemerkte, dass man drei Tage später den „Earth Overshoot Day“, den Erdüberlastungstag begehen könne: „Ab diesem Tag leben wir für den Rest des Jahres über unseren Verhältnissen“. Untersteller ließ keinen Zweifel daran, dass die Menschheit den Planeten ausbeutet. Es gelte, die Entwicklung zu stoppen oder wenigstens umzukehren. „Wenn es so weitergeht, bekommen wir die Folgen voll ab“. Für sich selbst und auch das eher jüngere Publikum im Saal sieht der Minister die Zukunft noch einigermaßen entspannt. Für seine drei Enkel dagegen schwant Untersteller weniger Gutes. „Wir müssen uns und etwas ändern, so Untersteller, „weil ich mich für die Zukunft interessiere, ich will schließlich in ihr leben“, zitierte er Mark Twain.

Zu diesem „ändern“ gehört für ihn auch die Erkenntnis, dass Wirtschaft und Umwelt kein Gegensatz seien. Unser Land könne seinen Wohlstand halten, ohne die Umwelt zu überlasten: „das geht“. Vor allem im Klimaschutz seien technische Lösungen gefragt, bei denen gerade auch Baden-Württemberg seine volle technologische Kraft einbringen könne: Speichertechnologien, emissionsarme Antriebe, Bauwesen, Ressourceneffizienz, dies seien alles Felder in denen dieses Bundesland seine Trümpfe ausspielen könne. Die Frage sei nur, „sind wir es, die dies alles entwickeln, herstellen und weltweit vertreiben können“? Der Bedarf an Klima- und Umwelttechnik steige weltweit. Der Ressourcenverbrauch habe sich in dreißig Jahren verdoppelt, Ressourceneffizienz sei ein enormer Wachstumsmarkt. Er sehe daher in ökologischen Fragen eher ein Chancen- und nicht nur ein Verzichtsthema.

Es gehe dabei auch um die Frage, was ist modern? Sei es modern, Unsummen an Geld für fossile Brennstoffe an zweifelhafte Staaten zu zahlen oder ökologische Energie regional mit eigener Wertschöpfung zu erzeugen. Baden-Württemberg sei in einer Zwangslage: „technologisch können wir alles, aber wir haben keine Ressourcen“. Er sieht die große Aufgabe der heimischen Industrie darin, Primärrohstoffe durch Sekundärrohstoffe zu ersetzen. Kobald, Gold, Silber und andere Rohstoffe werden derzeit in China aus Altgeräten gewonnen, dort gelagert und wenn der Rohstoffpreis steigt, wieder verkauft. „Was ist schwäbisch und klug daran, dass wir zwei Mal Rohstoffe in China kaufen? Nichts gar nichts“, so der Umweltminister. Für ihn ist das Gebot der Stunde Rohstoffe vor Ort wieder in den Kreislauf zurückzuführen.

Damit dies gelingt, müsse noch mehr in Forschung und Lehre investiert werden. Ganze Berufsgruppen müssten sich öffnen, darunter Architekten und Ingenieure. Und damit sprach er direkt die HfWU-Absolventen an. Die große Transformation unserer Wirtschaft sei zu stemmen, „kleine Erfolge machen mir Mut, dass wir das hinbekommen“, ermunterte er die Absolventen vor deren Berufsstart. Und er machte gleich Werbung in eigener Sache: Sein Umweltministerium sei ein Zukunftsministerium. 225 Stellen seien in der Umweltverwaltung zu besetzen, auch für Nürtinger Absolventen. Deren Qualitäten haben auch andere Institutionen erkannt. Die besten Absolvent*innen bekamen Preise von Firmen und Verbänden. Die Stifter waren: BDLA Bund Deutscher Landschaftsarchitekten, Stiftung der Bausparkasse Schwäbisch Hall, ZinCo GmbH, Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau, und der Verband Region Stuttgart.