Beim Tierschutz ringt man um Worte

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Die Tierschutztagung der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft und der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz findet inzwischen traditionell an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt statt.

Tierärztetagung an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt

NÜRTINGEN . (üke) Tierschutz steht ganz oben auf der Hitliste der öffentlichen Meinung. Das  Schicksal von Schlachtvieh, die medienwirksame Zurschaustellung von zoogeborenen Eisbärenbabys oder der Umgang mit geliebten Haustieren. Wie und was mit Tieren geschieht ist immer auch eine Frage der Ethik. Und diese Frage birgt eine Vielzahl von Antworten. Rund 100 Experten und Tierärzte versuchten während einer Tagung an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) in Nürtingen Ordnung in die Vielzahl der Begrifflichkeiten zu bringen.  

Die Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft und dieTierärztlichen Vereinigung für Tierschutz  hatte  die diesjährige Tierschutztagung mit der HfWU organisiert. Die Themen Ethik, Nutztiere, Pferde und Heimtiere standen während der zwei Tage im Vordergrund. Und vor allem bei der Frage nach den ethischen Grundlagen sind sich Tierärzte und Wissenschaftler nicht immer einig. Der Nürtinger HfWU Professor und Tierarzt Dr. Thomas Richter sieht den Tierschutz auf drei Säulen: Einer rechtlichen, einer biologisch-veterinärmedizinischen und einer ethisch-philosophischen. Die erste Säule ist vom Gesetzgeber zementiert, die zweite stützt sich vor allem auf wissenschaftliche Erkenntnisse aber bei der ethisch-philosophischen Betrachtung des Tierschutzes herrscht spätestens ein Wirrwarr an Begriffen und Deutungen.     
Für alle Referenten der Tagung stand das Wohlbefinden der Tiere im Vordergrund. Für manche soll „das Wohlbefinden der Tiere das gleiche Gewicht haben, wie das Wohlbefinden des Menschen.“ Schon daran scheiden sich die Geister: Teile der Forschung und der Öffentlichkeit erachten das Wohlbefinden der Tiere als wichtiger, als das der Mitmenschen. Ob es den Tieren, vor allem in der Nutztierhaltung, gut geht oder nicht, darüber entscheidet vor allem der Tierhalter, so Professor Dr. Thomas Blaha aus Vechta. Die Form der Haltung gibt den Ausschlag, ob sich die Tiere in ihrer Umgebung wohl fühlen würden. Doch auch hier fehlt letztlich die Klarheit. So zeigt ein Beispiel aus der Praxis, dass es sich sowohl negativ als auch positiv auf das Wohlbefinden von landwirtschaftlichen Nutztieren auswirken kann, ob sie auf voll perforierten Böden oder in Außenhaltung stehen.  

In einer ganzen Reihe von Beispielen berichteten die Referenten darüber wann und unter welchen Voraussetzungen die Tierhaltung am besten dem Wohl der Tiere dient.

In der Diskussion um Wohl und Wehe der Tiere geht es immer auch um die Frage des Leidens. Denn, und dies ist die Folge der Nutztierhaltung, am Ende des Lebensweges vieler landwirtschaftlich gehaltener Tiere steht deren Tötung. Spätestens dann kommt wieder Ethik und Moral ins Spiel. Menschen teilen mit Tieren unter anderem die Leidensfähigkeit. Dass Tiere geschlachtet werden, lässt sich mit einer Vielzahl moralischer Deutungen bewerten. Vor diesem Hintergrund gibt Dr. Richter zu Bedenken, dass jegliche landwirtschaftliche Tierhaltung unmöglich wäre, wenn auf das Leiden von Tieren in gleicher Weise Rücksicht genommen werden würde, wie auf das der Menschen. Dann allerdings, wäre davon nicht nur die Landwirtschaft, sondern jede Art der Tierhaltung betroffen: Egal ob Hobby oder Gewerbe, beides ist unter diesem Blickwinkel moralisch unzulässig. Werden für Mensch und Tier dieselben Maßstäbe angelegt, verbietet sich auch die Haltung von Wellensittichen, Meerschweinchen oder Pferden.   

 Thematisch und in den Diskussionen bot die Veranstaltung über die zwei Tage schwere Kost. Für Tiere haltende Landwirte, für die die Praxis auf den eigenen Betrieben im Vordergrund steht, bleibt die simple Erkenntnis: Als Halter alles dafür zu tun, dass es den Tieren gut und möglichst besser geht.  

Nürtingen, 29.02.2008

G. Schmücker