Abschluss des Automobilsommers: Aufbruch in die nachhaltige Mobilität

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Foto 1 (HfWU/üke): Professor Dr. Stefan Reindl eröffnet die „Profirunde“ des automotive forum.

Foto 2 (hfwu/üke): Prof. Dr. Sven Kesselring moderiert das Podium mit Klaus Amler, Johannes Reifenrath und Weert Canzler.

Foto 3 (hfwu/üke): HfWU-Rektor Prof. Dr. Andreas Frey zieht Bilanz: Rund 12.500 Gäste besuchten die elf Veranstaltungen des diesjährigen Automobilsommers.

Zweiwöchiger Automobilsommer mit elf Veranstaltungen und rund 12.500 Besuchern endet mit Mobilitätssymposium

GEISLINGEN (hfwu). „Innovative Ideen“ wünscht sich Geislingens Oberbürgermeister als er gestern das „automotive forum: Nachhaltige Mobilität“ eröffnet. Experten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft hatte Professor Dr. Stefan Reindl zur Abschlussveranstaltung des diesjährigen Automobilsommers nach Geislingen eingeladen. Rund 12.500 Gäste hatten die elf Veranstaltungen an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt während der letzten drei Wochen besucht.  

Reindls Kollege Professor Dr. Sven Kesselring moderierte die Podiumsdiskussion zum Abschluss, die sich weniger dem Auto als individuellem Verkehrsmittel widmete, sondern vielmehr der Mobilität im Ganzen. Die wird in Zukunft „elektrisch, autonom, geteilt und digital“ sein, so Johannes Reifenrath, der bei Mercedes-Benz die Mobilitätsmittel von Morgen mitentwickelt. Im autonomen Fahren sieht er die Zukunft. Sie sorge für Mobilität mit weniger Schadstoffausstoß, höherer Verfügbarkeit und besserer Auslastung. Diese nachhaltige Mobilität wird es allerdings nur mit einer nachhaltigen Energieproduktion geben: „Es bringt nichts, die Emissionen von der Straße weg in die Kraftwerke zu verlagern.  

Weert Canzler vom Wissenschaftszentrum Berlin musste überrascht zugeben, dass er diese Abkehr vom konventionellen Automobil von einem Vertreter der Automobilindustrie nicht erwartet hätte. Bei aller Übereinstimmung betonte Canzler trotz allem, dass der Ausstieg aus den fossilen Grundstoffen konsequenter über die Bühne gehen müsse. „Auf allen Sektoren haben wir den CO2-Ausstoß verbessert, nur nicht beim Verkehr, da tut sich gar nichts“. Der Übergang aus der fossilen in die „zero-emission“ Welt sei das Problem. Mit Uber und Tesla seien neue Spieler auf dem Markt, doch nun sei die Politik gefordert, mit entsprechenden Rahmenbedingungen für Sicherheit bei Investoren zu sorgen. „Wie bei der Energiewende brauchen wir auch hier eine Ausstiegsstrategie aus der Verbrennungstechnologie“.  

Klaus Amler vom Projekt „Mobiles Baden-Württemberg“ bemängelt die Trägheit der Autohersteller. Das Smartphone habe innerhalb von acht Jahren die gesamte Telekommunikations- und Unterhaltungsbranche aufgemischt. Die Autohersteller stehen nun vor ähnlichen Veränderungen. Es werde in Zukunft öffentlichen Individualverkehr und privaten ÖPNV geben. Der Besitz eines Fahrzeugs trete in den Hintergrund, die Verfügbarkeit von Verkehrsmitteln werde entscheidend. Für Amler geht es schlicht darum, wie die Arbeitsplätze zu halten sind, die heute die Autoindustrie gerade in Baden-Württemberg unterhält. Mit Carsharing und Konkurrenten wie Uber, Apple oder Google hat Mercedes Mann Reifenrath kein Problem. Er befasst sich schon heute mit Autos, die selbst fahren, parken, sich selbst warten oder reinigen und über Smartphone-Apps jederzeit und überall für jeden verfügbar sein werden. Seine Mahnung richtet sich ebenfalls an die Politik, dass die Veränderungen planbar sein sollten.  

Für eine nachhaltige Mobilität ist auch die Einsicht der Verkehrsteilnehmer entscheidend. Reifenrath hält wenig davon, per Zwang die Individualflotten durch intelligentes Carsharing zu ersetzen, so wie es in China geschehe. Dieses Szenario hatte Weert Canzler beschrieben, verbunden mit dem Seitenhieb auf die hiesigen Hersteller, wer dafür nicht die richtigen Autos liefere, habe dort keine Chance. Egal ob Zwang oder freiwillige Einsicht, für Klaus Amler ist klar, dass es ohne die Politik nicht geht. Der Staat müsse Rahmenbedingungen setzen. Natürlich verlangt auch Amler die Verantwortung der Einzelnen, aber der Staat könne und soll Aufgaben übernehmen. Diejenigen, die darauf eine Antwort geben könnten, fehlten leider auf dem Podium: Nicole Razavi, die stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende im Landtag und Professor Dr. Uwe Lahl vom baden-württembergischen Verkehrsministerium wurden beide Zeugen dafür, wie es um die nachhaltige Mobilität im Land bestellt ist: Sie schafften es verkehrsbedingt nicht mehr rechtzeitig nach Geislingen.  

Gerhard Schmücker
Nürtingen, 29.06.2016