Was zählt, ist die Filmkunst

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Gastgeber und Gäste des diesjährigen Product Placement Kongresses: Professor Dr. Iris Ramme, HfWU Rektor Professor Dr. Werner Ziegler, Johannes Schultz, Emily Woods, Roman Kuhn und Andreas Waldner.

- Product Placement Kongress an der HfWU –

 

NÜRTINGEN. (üke) Wenn James Bond sich behende in einen Traumsportwagen schwingt, und die Zuschauer deutlich sehen, um welches Fabrikat es sich dabei handelt, sind die Kritiker nicht weit: Schleichwerbung lautet dann der Vorwurf. Dabei wird häufig übersehen, dass sichtbare Markenprodukte in Filmen und Fernsehproduktionen dazu dienen, den Inhalt der Geschichte zu stärken.

Der gemeinsame Produkt Placement Kongress der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen und waldner.tv widmete sich zum fünften Mal neuen Entwicklungen der Markendarstellung in Filmen. Product Placement ist eine Werbeform, gleichzeitig sind heute kaum noch Filmproduktionen möglich, die sich nicht dieser Finanzierungsquelle bedienen würden: Firmen bezahlen dafür, dass deren Produkte sichtbar sind. In Deutschland tut man sich mit der Einschätzung dieses Marketinginstruments schwer: Eigentlich will man es nicht haben, aber brauchen tut man es schon. Professor Dr. Werner Ziegler, der  nicht nur Rektor der HfWU, sondern auch Marketingexperte ist, brachte diesen Zwiespalt in seiner Begrüßung auf den Punkt: „Bei der Diskussion um das Product Placement denke ich immer an Harry Potter. Die dunkle Macht ist da, aber niemand nennt sie beim Namen. Wobei es sich beim Product Placement mitnichten um eine dunkle Macht handelt“. Im Gegenteil, Ziegler sieht das Product Placement als innovative und spannende aber eben auch umstrittene Werbeform.

Vorbehalte, wie sie in Deutschland bestehen, kennt man auf den britischen Inseln kaum. Emily Woods, Mitbegründerin der Agentur Bellwood Media in London, betreute in den letzten sieben Jahren über 100 Filme. Als Agentur bringt sie Filmschaffende mit werbetreibenden Firmen zusammen. Und diese sind dann vollständig in die Filmproduktion integriert, wenn Produkt und Film zueinander passen. Dann entstehen Werke wie der Da Vinci Code oder Bridget Jones, die überaus unterhaltend sind, spannend ohnehin und in denen das geschickte Plazieren von Marken den Unterhaltungswert nicht stören.

Deshalb spricht die Brache inzwischen auch nicht mehr vom Product Placement sondern vom „Branded Entertainment“, dem Unterhalten mit Marken. 

 „Branded Entertainment“ ist mehr als nur Geld gegen Markenplatzierung. Dem Filmemacher Roman Kuhn liegen glaubwürdige Filme am Herzen. Filme deren Ausstattung der Realität der Geschichte entspricht, die erzählt wird. Werden dagegen Drehbücher wegen der gezeigten Produkte umgeschrieben oder kommen unpassende Produkte ins Bild, dann trifft der Vorwurf der Schleichwerbung für den Berliner Produzenten zu. Tatsächlich können vor allem kleine Filme, unabhängige Produktionen vom Product Placement profitieren. Ist das Product Placement nicht nur eine mitlaufende Werbeinszenierung sondern gestaltet den Film mit, dann ist die Platzierung von Produkten unterhaltend. 

Jeder Film ist ein Unikat in der Hand des Regisseurs. Trotz seiner Herkunft als ehemaliger Leiter des Produkt Placement bei BMW steht für Johannes Schultz immer die Filmkunst im Vordergrund. Und daher benötigt jeder Regisseur eine Geschichte für seine Dramaturgie, am wenigsten Produkte. Aber Produkte können Schauspieler und deren Figuren charakterisieren und wenn sie passen, die Dramaturgie nachhaltig unterstützen. Wieder ist Bond dafür das beste Beispiel: Wenn er aus seinem Aston Martin steigt wirkt die Figur des britischen Geheimagenten authentisch und glaubwürdig. Die Nobelkarosse gehört einfach dazu. Würde es sich dagegen um einen anonymen fahrbaren Untersatz handeln, würde Bond an Glaubwürdigkeit eher verlieren.     

Eben deshalb müssen Produkt und Drehbuch zueinander passen. Stacy Jones, Gastrednerin aus Los Angeles und Geschäftsführerin der US-Agentur Hollywood Branded sagte in Nürtingen, dass Product Placement nur funktionieren könne, wenn die Marken organisch in den Film eingebettet seien. Dann würde es auch von den Zuschauern akzeptiert. Anders ausgedrückt: Wer stört sich daran, dass die „Men in Black“ Mercedes fahren? Und ohne das Geld, das die Firmen beisteuern, lassen sich aufwändige Filmproduktionen nicht mehr finanzieren. Und so landet man zum Schluss eben doch wieder beim lieben Geld: So liegt laut Stacy Jones der weltweite Wert von Marken Platzierungen bei rund 5,5 Milliarden Dollar, in drei Jahren werden wohl sieben Milliarden Dollar erreicht werden.   

Wie sich diese Summen für Deutschland entwickeln, lässt sich in Kürze aus dem Product Placement Monitor 2008 ablesen. Diese Studie wird gerade an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt von Professor Dr. Iris Ramme und Andreas Waldner bearbeitet. Der Product Monitor erscheint regelmäßig seit 10 Jahren.  


Gerhard Schmücker, 14.11.2007