Vorsprung durch Daten - Automobilkongress in Nürtingen

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Die beiden Hauptredner des IFA-Kongresses im Gespräch: Daimler-Chef Dieter Zetsche (r.) und Wayne A. Griffiths.

- 16. Tag der Automobilwirtschaft in Nürtingen, Daimler-Chef Dieter Zetsche zur Bedeutung der Digitalisierung für die Branche -

NÜRTINGEN (hfwu). Der zukünftige Treibstoff der Automobilwirtschaft sind Daten. Über diesen fundamentalen Umbruch in der Branche waren sich die Experten beim 16. Tag der Automobilwirtschaft in Nürtingen einig. Wie Hersteller und Händler der Digitalisierung begegnen können, dazu sprach unter anderem Daimler-Chef Dieter Zetsche.

„Automobiles Wachstum im Zeitalter der Digitalisierung“, darum ging es beim diesjährigen Kongress des Instituts für Automobilwirtschaft (IFA) an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU). Die aktuellen Vorkommnisse in der Branche kommentierte der Hauptredner Dieter Zetsche nur kurz: „Daimler setzt keine betrügerischen Mittel ein und wird keine einsetzen“. Prof. Dr. Willi Diez hatte den Daimler-Chef in der vollbesetzten Nürtinger Stadthalle begrüßt. IFA-Leiter Diez sieht „die Lust am Auto“ trotz der VW-Affäre ungebrochen. Er rechnet mit einer nur vorübergehenden Kaufzurückhaltung. Mit angepeilten 1,8 Millionen verkauften Pkw steuere 2015 auf ein Rekordjahr zu.

Den allgegenwärtigen Trend zur Digitalisierung bringt Daimler-Chef Zetsche mit den Worten „Alle wollen Ihre Daten“ auf den Punkt. Wichtig sei daher, einen klaren Ordnungsrahmen und Regeln für den Umgang mit persönlichen Informationen zu schaffen. In einem „defensiven Umgang“ mit den Daten sieht der Konzern-Chef einen Standortvorteil für die Hersteller in Europa. Dennoch sei bei aller berechtigter Vorsicht entscheidend, die Chancen zu nutzen, die für die Branche in der Digitalisierung liegen. „Daten sind der zukünftige Treibstoff der Branche“, so Zetsche. Den Schlüssel, um aus dem Datenberg Sinnvolles zu gewinnen, sieht der Manager in der Vernetzung. Wer diese effektiv bewerkstelligen wolle, müsse dort ansetzen, wo die Daten entstehen: beim Kunden. Konkret bedeute dies etwa Online-Zugänge und digitale Angebote zu bündeln. Ein nächster Schritt in Sachen Digitalisierung zeigt sich für Zetsche im "lernenden" Auto. Dies biete künftig nicht einfach eine Unmenge an verschiedenen Funktionalitäten, sondern werde sich dynamisch und individuell den Bedürfnissen des Fahrers anpassen. Bestimmte Bereiche des Fahrens übernehme das Auto autonom. Diese maßgeschneiderte Nutzung gehe einher mit dem immer wichtiger werdenden Car-Sharing. Entsprechend fasst der Daimler-Chef seine Vision von der Automobilität der Zukunft zusammen: „vernetzt, autonom, geteilt“.

Als ein weiterer Vertreter der Hersteller sprach der Deutschland Vertriebsleiter der Audi AG, Wayne A. Griffiths. Seine Botschaft: Das Auto ist und bleibt in erster Linie ein emotionales Produkt, das von seiner physischen Präsenz lebt. Keine Form der Digitalisierung reiche letztlich an die Faszination des Fahrens heran. So auch die Einschätzung des Engländers: „Digital wird analog nicht ersetzen, sondern ergänzen“. Auch für ihn ist die zentrale Frage, wie beide Bereiche sinnvoll vernetzt werden können.

Nach den beiden Hauptrednern diskutierten unter der Leitung von IFA-Professor Dr. Stefan Reindl Vertriebs- und Marketing-Fachleute, welche Herausforderungen die Digitalisierung für die Autohäuser mit sich bringt. Die, da waren sich die Expertenrund einig, besteht vor allem darin, dass neben den Herstellern, Händlern und Kunden mit den Internet-Angeboten eine neuer Markteilnehmer auf den Plan getreten ist. „Wir dürfen uns nicht in Abhängigkeit von diesen Portalen begeben wie das schon in anderen Branchen der Fall ist“, warnt Andreas Senger, geschäftsführende Gesellschafter der Automobilhandelsgruppe Senger.