Von der Megastadt in eine süddeutsche Kleinstadt

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Studierende Min Li

Studierende Min Li

- Min Li aus Shanghai studiert in Nürtingen Umweltschutz-

 

NÜRTINGEN. (üke) Anfangs fehlte ihr etwas, heute genießt sie die Ruhe. Min Li wagte etwas, was auf den ersten Blick unverständlich er-scheint. Als Spross der chinesischen Mega-Metropole Shanghai entschloss Sie sich in Nür-tingen zu studieren. Ein Schritt vom modernen Zentrum an der Yangtse-Mündung in eine kleine Stadt im Südwesten Deutschlands am Neckarufer.

Ganz zielgerichtet ging die junge Chinesin bei ihrer beruflichen Planung vor. Als Germanistin arbeitete sie zu-nächst drei Jahre im Vertrieb deutscher Unternehmen in China. Doch das war ihr zu wenig. Ein zusätzliches Studium wollte sie zur Weiterbildung nutzen. „Inhaltlich kann man in China alles lernen, kein Problem, aber wenn es um die praktische Anwendung geht ist ein Studium in Deutschland hilfreich“, so die Einschätzung der Chinesin. Diese Erwartung wurde nicht entäuscht. Inzwischen hat Min Li ihr Studium als „Master of Engineering“ ab-geschlossen und arbeitet als Praktikantin bei DaimlerChrysler. Der Masterstudiengang Umweltschutz wird unter der Federführung der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen gemeinsam von vier Hochschulen angeboten.

Praxisbezug wird groß geschrieben. Gruppenarbeiten, Teamwork und Projektarbeiten machten auch für Min Li den Reiz des Studienganges aus. Von Anfang an musste Min Li mit anderen Studierenden Projekte bearbeiten, zum Beispiel im Gewässerschutz. Die Studierenden arbeiteten direkt vor Ort, an den Flüssen. Sie mussten Auf-gaben in der Gruppe lösen und die Ergebnisse jedes Semester präsentieren. Es war eine Teamarbeit im Projekt. Strukturelles Denken war gefragt, da jeder wusste, dass die Einzelergebnisse der Studierenden am Ende in den Projektbericht münden. Diese Art des praxisbezogenen Studiums war Min Li aus ihrer chinesischen Heimat nicht bekannt. Und nach ihrem Studium macht Min Li nun dieselbe Erfahrung in ihrer Arbeit: „In deutschen Unter-nehmen arbeitet man in der Gruppe. Jedes Problem wird gelöst, indem individuelle Standpunkte einfließen. In der Hochschule und nun im Unternehmen sind diese Gruppen oft international. Da können die chinesischen Studierenden viel von den Deutschen lernen.

Im Studiengang Umweltschutz in Nürtingen traf Min Li auf Studierende aus allen Disziplinen: Maschinenbau, Automobiltechnik und anderen Bereichen des Ingenieurwesens. Jetzt als Ingenieurin weiß sie, wie moderne Produktionstechnik an Umweltherausforderungen angepasst werden muss. Der Studiengang Umweltschutz hat sie überzeugt, vor allem die Zusammenarbeit von vier Hoch-schulen. Die akademische Qualität war für Min Li ent-scheidend, als Sie sich zum Studium im Ausland entschloss. Und die baden-württembergischen Hochschulen liegen an der Spitze der deutschen Bildungsstätten. Und da sie sich für das Fach Umweltschutz entschied, war der Weg nach Nürtingen nicht weit.

In der Region Stuttgart gelegen, verkörpert Nürtingen mit 40 000 Einwohnern zunächst Provinz. Trotzdem liegt die Stadt mitten in der wirtschaftsstärksten Region Europas. Allein die Exportleistung der Region um die Landeshauptstadt, entspricht der eines ganzen Landes wie Spanien. An die kleine süddeutsche Stadt hat sich Min Li inzwischen längst gewöhnt. Die Sprache war anfangs schwierig. Der schwäbische Dialekt war doch eine Hürde. Und auch die Tatsache, dass am Abend und an den Wochenenden die Läden geschlossen sind, war für die Chinesin aus der Millionenstadt ungewohnt. In ihrer Heimat wird auch an den Sonntagen gearbeitet. In Süddeutschland dagegen verbringen ihre deutschen Kollegen die Zeit mit der Familie, gehen wandern und raus in die Natur. Inzwischen genießt Min Li die ruhigere Atmosphäre. „Die Altstadt Nürtingens ist bezaubernd. Die Gegend ist phantastisch, vor allem die idyllische Lage der Stadt am Neckar“.