Visionäre Luftschlösser für Montbéliard

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Eine Studentin präsentiert den Gästen aus Montbeliard und aus Ludwigsburg ihren Entwurf für die Neugestaltung des dortigen Schlosses.

Eine Studentin präsentiert den Gästen aus Montbeliard und aus Ludwigsburg ihren Entwurf für die Neugestaltung des dortigen Schlosses.

NÜRTINGEN. (ab) Die Nachtschichten haben sich gelohnt. Drei Wochen lang haben 23 Studierende der Fachhochschule neben ihrem gewohnten Studienalltag an der Umgestaltung des Schlossbergs der französischen Stadt Montbéliard geplant. Jetzt wurden sie für Ihre engagierte Arbeit belohnt. Der französische Baubürgermeister Jean-Marc Becker zeigte sich bei seinem Besuch in Nürtingen von den Plänen beeindruckt. Und der Schlossherr, seine Königliche Hoheit Friedrich Herzog von Württemberg, spendierte 1000 Euro für die Semesterkasse.

Zufriedene Gesichter im Foyer der Fachhochschule. Seine Königliche Hoheit Friedrich Herzog von Württemberg hat soeben das Jury-Ergebnis bekannt gegeben. Alle 23 Entwürfe der Studierenden haben gewonnen und die Semesterkasse wird um 1000 Euro aufgestockt. Den April 2003 werden die angehenden Landschaftsarchitekten des siebten Semesters wohl nicht so schnell vergessen. Ein Anruf des Ludwigsburger Grünflächenamts bei Professorin Bü Prechter brachte den Stein ins Rollen. Ludwigsburg wollte seiner französischen Partnerstadt Montbéliard bei der Neugestaltung des Schlossbergs helfen und besann sich der Planungskompetenz der Fachhochschule Nürtingen. Schnell war aus der Idee eine Semesterarbeit geboren und 23 Studierende Anfang April auf Kosten der Stadt Ludwigsburg zur Augenscheinnahme nach Frankreich gereist. Vorgaben für die Neuplanung des Schlossbergs gab es so gut wie keine. Montbéliards Baubürgermeister Jean-Marc Becker wollte kreative Visionen sehen und erklärte sogar einen Abriss der Schlossmauern als planbar.
Mutige Visionen
Mit Feuereifer machten sich die Studierenden an die Arbeit, um die Entwürfe nach nur drei Wochen einer Jury mit Mitgliedern aus Montbéliard, der Stadt Ludwigsburg, Professorin Bü Prechter und seiner Königlichen Hoheit Friedrich Herzog von Württemberg zu präsentieren. Jean-Marc Becker war vor der Vorstellung gespannt, was die Studierenden entwickelt hatten um seiner Stadt neues Leben einzuhauchen. Danach war er überrascht, welche Vielfalt die 23 Entwürfe abdeckten, und sagte: „Das muss ich zuerst verdauen.“
Zu verdauen hatte er sicherlich manch geplanten Abriss des Schlosses, vor dem einige der jungen Planer nicht zurückschreckten. Egal ob Umgestaltung zum Musiktreffpunkt, Freizeitpark, Managementzentrum oder Zentrum für Kultur und Bildung, die Studierenden nutzten den Freiraum, um ihre Ideen mutig auf Papier zu bringen. Simone Wehr zum Beispiel, die das Schloss fluten möchte, um ein Wasserschloss entstehen zu lassen, glaubt nicht an eine Realisierung ihres Vorschlags, aber darum geht es ihr auch gar nicht: „Hier konnte man einfach mal spinnen.“ Für Diskussion bei den französischen Jurymitgliedern sorgte auch die Planung von Isabell Krassnig, die einen Teilabriss zu Gunsten der Wildnis vorsieht: „Die Natur überrennt die Mauern.“ Radikal auch der Entwurf von Andrea Seibold, die mit einem Schlössergarten einen touristischen Anziehungspunkt schaffen will – ohne bisheriges Schloss.
Für Rainer Schilling (Grünflächenamt Ludwigsburg) und Hans Schmid (Baubürgermeister Ludwigsburg) sind die Entwürfe Grund genug über Nachfolgeprojekte mit der Fachhochschule Nürtingen nachzudenken. Im nächsten Jahr feiert Ludwigsburg sein 300-jähriges Stadtjubiläum mit einem Festival der Gärten. Auch da soll es Freiräume geben, „abgefahrene Entwürfe“ zu verwirklichen. Doch vorher werden die Nürtinger Schloss-Visionen in Montbéliard präsentiert. „Vielleicht ist nicht alles machbar, aber wir werden es umsetzen und wir werden es mit Ihnen machen“, sagte Jean-Marc Becker am Ende und bedankte sich für die tollen Ideen bei den Studierenden.
Auch wenn Fabian Fessler, einer der 23 Planer, erst einmal den versäumten Schlaf der Nachtschichten aufholen und ausschlafen will. Viel Zeit dazu bleibt nicht. Der Studienalltag geht weiter und auf den Lorbeeren können sich die Studierenden nicht ausruhen. Als nächstes wartet die Stadt Nürtingen auf ein Freizeitkonzept für das Tiefenbachtal.
2.5.2003, Andreas Bulling