Tag der Finanzen an der HfWU: Umwelttechnologie wird zur Leitbranche

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Landesumweltministerin Tanja Gönner beim 6. Tag der Finanzen an der hfWU in Nürtingen.

NÜRTINGEN (pm) Der 6. Tag der Finanzen an der Hoch-schule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen (HfWU) setzte sich in diesem Jahr mit der Umwelttechnolgie auseinander. Dazu sprach die Umweltministerin des Landes Baden-Württemberg, Tanja Gönner, die darin die Leitbranche des 21. Jahrhunderts sieht.

Vielleicht wird zunächst die Verbindung nicht sofort hergestellt, wenn sich Finanzexperten mit Umwelttechnologie beschäftigen. Doch wenn sich darin möglicherweise der Wachstumsmotor aus der Krise verbirgt, dann hören auch Vertreter dieser und anderer Branchen genau hin. Der 6. Tag der Finanzen der HfWU stand im Fokus von Wirtschaft und Umwelt. Wie Rektor Professor Dr. Werner Ziegler in seiner Eröffnungsrede ausführte, sei insbesondere das „und“ zwischen Wirtschaft und Umwelt der entscheidende Punkt im Profil der Hochschule.

Für den Studiendekan des Masterstudiengangs International Finance Prof. Dr. Dr. Dietmar Ernst ging es darum der Finanzwirtschaft die Ansätze der Nachhaltigkeit näher zu bringen. Die Aussicht auf ein langfristiges Gleichgewicht von ökonomischen, ökologischen und sozialen Zielen berge Perspektive. Knackpunkt könne dabei die Diskrepanz zwischen Real- und Finanzwirtschaft sein. Schließlich sei das Weltfinanzvolumen 65-mal so groß wie das der Realwirtschaft. Reines Renditedenken der Spekulanten ermögliche daher kein nachhaltiges Investment sondern produziere Blasen – in immer kürzeren Zeitabständen. Problem der gegenwärtigen Situation sei einerseits der hohe Finanzbedarf und das fehlende gegenseitige Vertrauen. Dadurch sei eine „Kreditklemme“ entstanden, die alle Branchen betrift.

Eine Lanze für die Umwelttechnologie brach Landesumweltministerin Tanja Gönner. Für sie ist dies die Leitbranche der Zukunft mit besonderem Potenzial in Baden-Württemberg. Als Weltmarktführer mit 20 Prozent Marktanteil sei Deutschland hervorragend aufgestellt und aufgrund der prognostizierten Erwartungen schlummere hier eine enorme Ertragskraft.  Für Gönner ist die Steigerung der Rohstoffeffizienz der elementare Faktor und sie ergänzt: „Die Speichertechnik für Energie ist der Schlüssel zum Erfolg.“ In den nächsten Jahren werden sich Branchen wie der Maschinenbau und die Automobilindustrie hin zur „Elektromobilität“ verändern, ist sich Tanja Gönner sicher.

In der anschließenden von Sabrina Fritz (SWR) moderierten Podiumsdiskussion griff Prof. Dr. Willi Diez Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft an der HfWU dieses Stichwort auf. Zur „Elektromobilität“ merkte er an, dass die Gewinnung und Bereitstellung der Energie auf saubere Art und Weise sichergestellt werden müsse. Sogenannte Brückentechnologien seien bereits auf dem Markt, aber kaum ein Auto werde heutzutage nach dessen Verbrauch gekauft, Umweltaspekte rangierten bei der Kaufentscheidung viel weiter hinten.

Ähnlich äußerte sich Oliver Hans, der Chef der Stuttgarter Börse, wenn es um Anlageprodukte geht: „Der Schwerpunkt liegt auf der Rendite.“ Es gebe rund 300 nachhaltige Fonds. Verglichen mit den 360.000 Finanzprodukten die an der Stuttgarter Börse gehandelt werden eine verschwindend geringe Zahl. Derzeit würden Indizes entwickelt, um Nachhaltigkeitsaspekte abzubilden und eine höhere Transparenz zu schaffen.

Dr. Hendrik Wolff, Vorstand der Wolff Häcker Finanzconsulting AG Ostfildern, mahnt die mangelnde Transparenz der Banken an und fordert einen eigenen Markt für Umwelttechnologien. Michael Euchner, Geschäftsführer der Stuttgarter Unternehmensberatung Ebner Stolz Mönning Bachem, weist auf den erheblichen Finanzbedarf der Branche hin: „Dies kann nicht nur über Kredite finanziert werden, hier ist auch die Privatwirtschaft gefordert.“ In diese Kerbe schlägt auch Dr. Peter Post, Leiter Forschung und Technologie der Festo AG, der ebenfalls das Eigenkapital in den Vordergrund rückt, um nicht von Krediten abhängig zu sein.

Dies mache gegenwärtig Mittelständlern zu schaffen, führte Dr. Hendrik Wolff aus: „Die haben nicht die Möglichkeit ein Anleihe herauszugeben und sind auf die Hausbank angewiesen, die eine zurückhaltende Kreditvergabe praktiziert, da sie nicht weiß, wie viele bestehende Kredite noch ausfallen.“

Prof. Dr. Willi Diez fordert daher für die Umwelttechnologie: „Die Politik muss das Ziel vorgeben.“ Und Dr. Hendrik Wolff wünscht sich, dass die vorhandene Innovationskraft, auch an den Finanzmärkten, im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung in die richtige Richtung gelenkt wird.