Schüler debattieren über Nachhaltigkeit

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Keine Angst vor der Presse: Gemeinsam mit Umweltministerin Tanja Gönner (links) und Professor Dr. Albrecht Müller stellen sich die „Schüler Präsidenten“ Anne Heltermann und Jakob Rittmeyer (rechts)

- Brundtland Parlament tagte in Bebenhausen – HfWU übernimmt Projektleitung –

NÜRTINGEN. (üke) Am Mittwoch dieser Woche kehrte die Parlamentstradition nach Bebenhausen zurück. 180 Schüler aus dem ganzen Land trafen sich in dem Kloster, das nach Kriegsende für fünf Jahre der Sitz des ersten württembergischen Parlamentes war. Diesmal war es ein Schüler-Parlament, das unter dem Namen „Brundtland 2.0“ einen Tag lang über Nachhaltigkeit debattierte. Am Ende wurden Richtlinien verabschiedet, die der Landesregierung übergeben wurden. Das Projekt wird von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) geleitet.

Das Schülerparlament verdankt seinen Namen der  Norwegerin Gro Harlem Brundtland, die in den achtziger Jahren den Vorsitz der UN-Kommission für Umwelt und Entwicklung inne hatte.  Das Umweltministerium hatte das Projekt als Teil der Nachhaltigkeitsstrategie der Landesregierung angestoßen. Inhaltlich betreut wird es von der Koordinierungsstelle Wirtschaft und Umwelt der HfWU. Umweltministerin Tanja Gönner stellte sich der Debatte im Parlament und kam dabei ins Schwitzen – nicht nur der Temperaturen wegen. Fünf Monate lang hatten sich die Schüler intensiv auf den Parlamentstag vorbereitet und stellten der Ministerin ihre Fragen. Die Antworten kamen nicht schnell,  dafür aber wohlüberlegte und detailliert  Die Ministerin nahm sich Zeit, der Würde des Parlamentes angemessen. Die Themenschwerpunkten waren unter anderem Klimawandel, der Verbrauch von Umweltressourcen, Verkehr und Mobilität. "Das Engagement der Schülerinnen und Schüler verdient Anerkennung. Es ist ermutigend, wenn sich junge Menschen so intensiv mit zentralen Zukunftsfragen auseinandersetzen", so Ministerin Gönner im Vorfeld. Gleichzeitig betonte die Ministerin, dass sich die Politik mit den Thesen und Ratschlägen der Schüler auseinandersetzen werde und die Schüler auch Antworten bekommen würden.

Entsprechend selbstbewusst präsentierten sich die Schüler in der Debatte und auch die anwesenden Kameras und Mikrophone der Presse störten die Schülervertreter wenig. Im Gegenteil, Anne Haltermann, eine Gymnasiastin aus Karlsruhe, brachte ihre Anliegen im Pressegespräch auf den Punkt: „Wir wollen zeigen, dass wir eine Meinung haben. Der Jugend wird oft vorgeworfen, dass wir mit Politik nichts am Hut hätten. Das liegt aber oft daran, dass wir deren Ziele nicht erklärt bekommen“. Im Brundtland Parlament ist dies anderes. Informiert und faktensicher gingen die Schüler ans Werk. Am Ende des Tages lagen dann die „Bebenhauser Richtlinien“ auf dem Tisch vor, die an Ministerpräsident Mappus geschickt wurden. Die Schüler befassten sich auch mit ihrem eigenen Konsumverhalten. Was ist an einem MP-3 Player nachhaltig? Und wer kann schon bei der Shoppingtour zwischen vier verschiedenen Textilsiegeln unterscheiden oder weiß, was genau sich hinter dem FairTrade-Label verbirgt? Und wie schaut es aus, wenn ein Produkt ziemlich öko ist, aber für kaum jemanden bezahlbar? Alle Themenfelder, die die Schüler bearbeitet hatten, sind nun mit konkreten Vorschlägen zur nachhaltigen Entwicklung unterlegt. Sie fordern nun, dass die Hersteller von  Unterhaltungselektronik die Herkunft ihrer Produkte angeben, ältere Geräte auch aktualisieren und Altgeräte zurücknehmen sollen. Das professionelle Recycling zum Beispiel von Handys wir angemahnt und die Schüler wünschen sich ein Siegel für fairen Handel und Recycling an ihren Handys und MP-3 Playern.

Ähnliche Richtlinien finden sich für Ernährung und Klimaschutz aber auch für Mobilität und Regenerative Energien. Der Landesregierung hat das Brundtland Parlament damit einige Hausaufgaben an die Hand gegeben. Die Nagelprobe steht den Bebenhauser Richtlinien erst noch bevor. Dann nämlich, wenn die Politik Richtlinien im Lebensalltag der Jugendlichen umsetzen soll. Im Frühjahr 2011 wird über die Erfahrungen berichtet und Ergebnisse werden ausgewertet sein. "Wir wollten vor allem Chancen schaffen, damit sich junge Menschen mit ihren eigenen Zukunftsfragen befassen und Gehör finden“, so Projektleiter Professor Dr. Albrecht Müller von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt. Die Schüler haben diese Chance ergriffen. Das Brundtland Parlament arbeitet an den Schulen weiter. Die Ergebnisse werden im nächsten Jahr auf der Nachhaltigkeitskonferenz vorgestellt.

Nürtingen, 22.07.2010

Gerhard Schmücker