"Ich habe hier viele Freunde gefunden"

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- Als Professor aus London Gastdozent an der Fachhochschule Nürtingen -
NÜRTINGEN. (schm) "Es hat mir gut gefallen, das einzige was ich bereue ist, dass ich nicht schon früher diesen Schritt gewagt habe". Paul Stevens, der dies sagt, kehrt nach insgesamt drei Jahren der Stadt und der Fachhochschule Nürtingen den Rücken. Für ein Jahr kam Paul Stevens als Gastprofessor bereits 1995 an die Fachhochschule Nürtingen, um als Experte für das Fach Internationales Finanzmanagement bei der Internationalisierung des Studienganges Betriebswirtschaft zu helfen. Ein Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) machte dies möglich. Für die Fachhochschule Nürtingen war dies ein Glücksfall, da zu diesem Zeitpunkt dieses international angelegte Fach in Nürtingen nicht gelehrt werden konnte. Paul Stevens war kein Unbekannter. Als Professor an der Thames Valley University in London gehörte er einer Universität an, die schon seit langen Jahren mit der Fachhochschule Nürtingen zusammenarbeitet. Der einjährige Aufenthalt war sehr erfolgreich. Zwei Jahre später konnte Paul Stevens wieder mit Hilfe des DAAD für weitere zwei Jahre an der Fachhochschule Nürtingen lehren.

Land und Leute hatten es ihm offenbar angetan. Der asketische Hochschullehrer ist nicht nur ein Experte seines Faches sondern auch begeisterter Squashspieler und Fussballfan. Schnell war er in Nürtingen im hiesigen Squashclub heimisch geworden und an vielen Wochenende agierte der englische Gastprofessor als Schiedsrichter auf den Fußballfeldern der Region. Und heimisch wurde Paul Stevens auch an der Fachhochschule Nürtingen. Die Studierenden des englischsprachigen Faches "International Business & Management" lernten rasch den "native speaker" schätzen. Der wiederum stieß auf offene Ohren, als er die Nürtinger Sudierenden in Fragen des Internationalen Finanzmanagements fit machte. Stevens war davon beeindruckt, dass das Internationale Finanzmanagement an der Fachhochschule gelehrt wird, und in Zukunft sogar als eigener Studiengang angeboten werden wird. Gerade auf dieses Fach werde in England großer Wert gelegt, in Deutschland dagegen komme dies im BWL-Studium zu kurz. Nürtingen bilde hier eine rühmliche Ausnahme. Über seine Studierenden ist Paul Stevens nach drei Jahren voll des Lobes. Allerdings bemängelt er, dass die Studierenden zu wenig Zeit für das Selbststudium hätten. Alles hänge in Deutschland von den Prüfungen ab. Dies sei in England und vielen anderen Ländern anders. Vor allem in England und den USA sei die Last der Prüfungen über das ganze Semester verteilt.
Trotzdem betont Paul Stevens die Attraktivität des deutschen Hochschulsystems. Angesprochen auf die Tatsache, dass immer weniger ausländische Studierende nach Deutschland kommen, sieht er den Grund dafür nicht in der Schwäche der deutschen Hochschulen. Es sei ohne Zweifel sehr wichtig, dass zum Beispiel englische Studierende nach Deutschland kommen. Das Sprachproblem sei kein Problem Deutschlands sondern ein Problem der englischsprachigen Länder. Er verstehe die Aufregung um die Attraktivität des deutschen Studiums nicht. Es gebe eigentlich wenig Probleme bei der Anrechnung von Prüfungen, und ein Vergleich der akademischen Abschlüsse sei seiner Meinung nach durchaus möglich. Die neuen Abschlüsse Bachelor und Master, die in Deutschland an Stelle des Diploms treten sollen, besäßen ein besseres Image. Dies sei was zähle. Dieses Image beziehe sich jedoch auf die Bezeichnung, nicht auf den Inhalt der Studienabschlüsse. Wenn das deutsche Studium ein schlechtes Image besitzen würde, so sei dies schlicht falsch.
Paul Stevens bekennt sich zum internationalen Austausch. Ebenso wichtig wie der Studierendenaustausch sei auch der Austausch von Professoren. Er habe enorm von dem DAAD Programm profitiert und habe alle Möglichkeiten genutzt sich in Nürtingen zu integrieren. Er habe Land und Kultur kennengelernt und auch außerhalb der Hochschule über den Sport viele Freunde gefunden. Die Sprache sei wichtig. Erstaunt war Paul Stevens, als er bei einem Treffen aller Gastprofessoren des DAAD in Bonn feststellen musste, dass kaum einer seiner Professorenkollegen deutsch sprach. Sie hätten seiner Meinung nach ihre Integrationschancen nicht genutzt.
Froh ist Paul Stevens darüber, dass er an einer Fachhochschule lehren konnte. Er schätzt den Praxisbezug im Studium. "Ich verstehe nicht, dass den Fachhochschulen oft der Vorwurf gemacht wird, sie seien nicht akademisch genug". In England ist ein Studiengang dann gut, wenn er praktisch angelegt ist. In Deutschland dagegen zählt die akademische Qualität. Interessanterweise hat das Wort "akademisch" in England und den USA einen negativen Klang. Schon aus diesem Grund sieht Stevens die Fachhochschulen auf den richtigen Weg. "Man muss diesen Vorteil der Fachhochschulen betonen und die Leute dürfen die FH´s nicht unterschätzen". Der heute so vielgerühmte MBA (Master of Business Administration) sei in England und den USA eingerichtet worden, um mehr Praxisbezug in das Studium zu bekommen.
Nun kehrt Paul Stevens nach London zurück. Die Arbeit wird ihm nicht ausgehen. Am Henley College der Themsemetropole wird Paul Stevens im Fernstudienprogramm des weltbekannten Henley-MBA tätig sein. Nürtingen wird er nicht vergessen. Schon heute ist klar, dass er auch in Zukunft für ein paar Tage an die Fachhochschule Nürtingen zurückkehrt, um im Fach "International Business & Management" ein Vorlesungen auf Englisch zu geben.