Lockruf des Geldes für den Mittelstand

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Das mit geballtem Expertenwissen besetzte Podium beim Tag der Finanzen: (v.l.n.r.) Jürgen Prockl, Harald Diebel, Thomas Warnholtz, Kurt Stiefel und Olivier Weddrien.

Das mit geballtem Expertenwissen besetzte Podium beim Tag der Finanzen: (v.l.n.r.) Jürgen Prockl, Harald Diebel, Thomas Warnholtz, Kurt Stiefel und Olivier Weddrien.

- Mezzanine Kapital kann Finazierungslücken schließen – Tagung an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt-
NÜRTINGEN. (üke) Es ist nicht leicht für Deutschlands Mittelstand, an das notwendige Kapital für seine Geschäfte zu kommen. Lange Zeit reichte der Gang zur örtlichen Hausbank, um Kredite oder Darlehen für Unternehmenskäufe und Auftragsfinanzierungen zu erhalten. Den Banken selbst geht es finanziell nicht so gut wie in früheren Jahren und die neuen Basel II Vorgaben zwingen die Kreditinstitute häufig dazu, den Tresorschlüssel in der Tasche zu lassen.

Aber mittelständische Firmen brauchen Geld. Als Ausweg werden Fonds und Gesellschaften immer populärer, die sogenanntes „Mezzanine-Kapital“ anbieten. Ein Wort, das im Italienischen ein Zwischengeschoss in Gebäuden bezeichnet. Was dies genau in der Finanzwelt bedeutet, wird durch die einfache Übersetzung allerdings nicht klarer. Der Tag der Finanzen an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen widmete sich dem „Mezzanine“-Thema. Nicht ohne Grund, die Stadthalle war gut gefüllt und die Referenten kamen unter anderem den weiten Weg aus London angereist. Trotzdem, die Klärung des Begriffes war notwendig, denn offensichtlich war sich auch das Publikum, neben Bankern und Firmenvertretern vor allem Studierende der Studiengänge Finanzwirtschaft und Gäste der Hochschule Heilbronn und der Berufsakademie Stuttgart, über die Vielschichtigkeit des Begriffes nicht bewusst.
Nachrangdarlehen, Partiarische Darlehen, Stille Beteiligungen, Genussrechte, Wandelanleihen, Optionsscheine: allein die Fülle der Einzelbegriffe, die der Ernst & Young Steuerexperte Harald Diebel aufzählte ließ den Zuhörern die Ohren klingen. Mezzanine ist für all dies ein Oberbegriff, versuchte Gastgeber Professor Dr. Dr. Dietmar Ernst nach der Begrüßung von Rektor Professor Dipl.-Ing. Klaus Fischer Klarheit in die Terminologie zu bringen. Mezzanine Kapital liegt zwischen Eigen- und Fremdkapital und da diese Finanzierungsform bereits bei relativ niedrigen Kapitalsummen genutzt werden kann, gilt der Mittelstand als idealer Zielkundschaft. Olivier Weddrien von der DZ Equity Partner GmbH erklärte warum: Bereits ab einer halben Million steht Mezzanine Kapital zur Verfügung, die Auszahlung lässt sich sehr flexibel gestalten und ist billiger als Eigenkapital zu haben. In der Bilanz eines Unternehmens taucht es dagegen als Eigenkapital auf. Zwar ist das Darlehen häufig teurer als ein Bankkredit aber trotzdem lohnt sich Mezzanine Kapital dann, wenn es um Wachstumsfinanzierungen geht. Der Preis liegt darin, dass die Investoren jedoch hohe Renditen erwarten.
Thomas Warnholtz von den Londoner Augusta & Co. machte deutlich, dass es ohne die Mezzanine Investoren so manchen mittelständischen Betrieb gar nicht mehr gäbe. Der Begriff „nachrangiges Kapital“ macht deutlich worum es geht: Meazzanine Kapital steht häufig dann zur Verfügung wenn die klassische Bankfinanzierung ausfällt. Zum Beispiel haben stille Beteiligungen gegenüber einer offenen Beteiligung durch einen Finanzinvestor den Vorteil, dass der Unternehmer alleiniger Herr im Hause bleibt. Ein Umstand, der gerade deutschen Mittelständlern sehr wichtig ist. Trotzdem, gerade englische Kapitalgeber verlangen detailliertes Zahlenmaterial, Berichte und Risikopläne. Damit haben deutsche Firmen oft ihre Probleme.
Nicht die Herrenknecht GmbH. Der Hersteller von Tunnelvortriebsmaschinen hat sich schon vor langer Zeit für die Mezzanine Finanzierung entschieden und sich das nötige Kapital auch über eine stille Beteiligung ins Haus geholt. Ein Schritt der nie bereut wurde. Vorstand Kurt Stiefel ist froh über ein schnelles Verfahren, niedrige Kosten und langfristiges Kapital. Die Daten für die monatlichen Berichte würden in seinem Unternehmen ohnehin erhoben. „Wir würden jederzeit wieder so handeln“. Laut Warnholtz ist internationales Mezzanine Kapital nahezu unbegrenzt vorhanden, Firmen wie Herrenknecht wären dafür die idealen Abnehmer. Das Loblied wurde von Jürgen Prockl von der Landesbank Baden-Württemberg etwas leiser gesungen. Es sei richtig, Mezzanine Kapital sei fast unbegrenzt vorhanden. Investoren sollten sich jedoch immer des Risikos einer Anlage bewusst sein. Aus Investorensicht sehe er die Gefahr, dass diese Abwägung zu kurz komme, wenn zu viel Kapital nach Anlagemöglichkeiten suche. „Risiko hat seinen Preis und der ist derzeit zu niedrig“. Das Thema des Tages der Finanzen war komplex. Der Wissenszuwachs nicht weniger. Oder, wie es Dekan Professor Dr. Scorl unter Hinzunahme eines Zitates in seinem Schlusswort sinngemäß formulierte: „Wer glaubt, weiß nichts. Wir wissen seit heute Vieles über Mezzanine“.
Gerhard Schmücker, 27.10.2005