Land will Hochqualifizierten Rückkehr erleichtern

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Foto (Betina Brüggemann): HfWU Professor Christian Arndt (Mitte) stellt in einer Pressekonferenz mit Wirtschaftsminister Ernst Pfister (links) die Ergebnisse seiner Studie vor. Rechts Dr. Bernhard Boockmann vom Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung.

- HfWU Professor Arndt legt Studie Abwanderung von Fachkräften vor –

 

NÜRTINGEN. (üke) Jährlich verlassen etwa 2200 hochqualifizierte Fachkräfte das Musterland Baden-Württemberg vor allem in Richtung Schweiz, England und USA. Eine Studie, die unter der Leitung von Professor Dr. Christian Arndt von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen angefertigt wurde, liefert nun die detaillierten Zahlen zur Abwanderung von Hochqualifizierten.

Auf den ersten Blick erscheinen die Zahlen wenig dramatisch: Baden-Württemberg liegt mit den Auswandererzahlen im Bundesschnitt und die Nettozahl derer, die das Bundesland verlässt, entspricht gerade mal 0,4 Prozent der Hochqualifizierten im Südwesten. Trotzdem, so ergänzt Arndt, „wenn das so weiter geht hätten wir in 12 Jahren rund fünf Prozent unserer Hochqualifizierten verloren“. Nach den Schätzungen verlassen rund 850 hochqualifizierte Fachkräfte pro Jahr die Region Stuttgart. Damit ist der Anteil der Hochqualifizierten an allen Wanderungsverlusten im Regierungsbezirk Stuttgart nach dem in Karlsruhe am höchsten. Danach folgen Tübingen und Freiburg. Das sind Aussichten, die Wirtschaftsminister Ernst Pfister nicht einfach akzeptieren will. Seine Behörde sieht nun Handlungsbedarf. Im Auftrag seines Ministeriums hatte das Tübinger Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung die Studie durchgeführt. „Baden-Württemberg muss ein attraktiver Standort für abwanderungs- und rückkehrwillige Fachkräfte bleiben“. Denn eines zeigt die Studie auch: Die große Mehrheit der Abwanderer will auch wieder zurückkommen und dies gelte es, so der Minister, zu erleichtern.

HfWU-Professor Dr. Arndt kann den Typus der hochqualifizierten Abwanderer genau beschreiben: „Die modernen Abwanderer aus Baden-Württemberg sind jung, leistungsbereit und qualifiziert.“ Sie sind hauptsächlich Ingenieure, Natur- und Wirtschaftswissenschaftler. Die Hälfte kehrt innerhalb der ersten fünf Jahre wieder zurück, in dieser Zeit allerdings hätten sie höhere Einkommen und bessere Karrierechancen als in ihrem Herkunftsland genossen. Das Geld rangiert jedoch erst an zweiter Stelle, wenn es um die Gründe für den Wegzug geht. Vor allem wegen der  Möglichkeit sich im Ausland fortzubilden, ziehen die meisten Hochqualifizierten weg. Bei den Zielländern liegt die Schweiz an erster Stelle, unter den Hochschulabsolventen liegen die USA an der Spitze.

Alles in allem sieht Arndt in den derzeitigen Zahlen keinen allzu großen Grund zur Besorgnis. Allerdings ist das Potenzial des „Brain Drain“ in Zukunft groß: 71 Prozent der Studierenden in Baden-Württemberg sind grundsätzlich bereit, für eine Zeit oder gar für immer das Land zu verlassen. Ein Viertel der Studierenden kann sich vorstellen auf Dauer im Ausland zu bleiben. Vor dem Hintergrund, dass es in der Regel die Besten sind, die gehen, wäre dies ein Verlust an Zukunftspotential, den sich das Bundesland nicht leisten kann. Angesichts eines „Brain Drain“ dieser Dimension wird klar, weshalb Minister Pfister gegensteuern will. Gerade die Region Stuttgart muss im Wettkampf um die besten Köpfe weiter die Nase vorn haben. Die Studie steht online unter www.iaw.edu/iaw/De:Aktuelles zur Verfügung.

Gerhard Schmücker, Nürtingen, 26. März 2010