Kunst und Wert: Man muss ein Freak sein!

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Er weiß, wovon er spricht: Dr. Tobias Wall, Kunstexperte, Berater und Dozent.

- Kunst als Geldanlage ist nichts für jedermann – Letzte Veranstaltung von „Kunst und Wert“

NÜRTINGEN (hfwu). Zum Abschluss lockte die Veranstaltungsreihe „Kunst und Wert“ dann doch noch viele Interessierte: Nach einem verhaltenen Start im letzten Jahr war der Saal der Kreissparkasse am Donnerstag gut gefüllt, als die Hochschule für Wirtschaft und Umwelt und der Kunstverein zu ihrer gemeinsamen Reihe luden. Dr. Tobias Wall sprach über „Bleibende Werte“ und ob Kunst zur Wertanlage taugt.

Die Antwort lautet: Ja! Aber es braucht viel Zeit, Geld und starke Nerven. Dr. Wall beobachtet den Kunstmarkt als Kunstmanager, Experte und Berater seit vielen Jahren. Und was er sieht, lässt auch viele Anleger schwach werden. Seit über zehn Jahren explodieren die Preise und seit Beginn der 90er Jahre hat sich das finanzielle Volumen des globalen Kunstmarktes versiebenfacht. 43 Milliarden Dollar wurden 2012 weltweit auf dem Kunstmarkt bewegt. Die größten Spieler sind dabei die USA, China und Großbritannien.

Lang ist´s her, dass es die Fürstenhäuser des Mittelalters und der Renaissance waren, die die Kunst der Antike in ihren Besitz brachten und sammelten. Spätestens im 19. Jahrhundert entdeckte das Bürgertum die Kunst als Zeichen für Reichtum und Kultiviertheit. Und seither gibt es kein Halten mehr: Wall zitierte Joseph Beuys, der Ende der siebziger Jahre mit der Aussage „Kunst ist gleich Kapital“ einen Skandal auslöste. Eher lakonisch beschrieb Wall wie seither die Preise explodierten und ein Werk von Francis Bacon seit dem letzten Jahr mit einem Verkaufspreis von 142 Millionen Dollar die Spitze der Entwicklung markiert.

Waren es in früheren Zeiten die Werke alter Meister so floriert der heutige Kunstmarkt vor allem mit neueren und zeitgenössischen Werken. All dies lockt die Anleger und, so Wall, „in einem weiten Rahmen kann man mit der Investition in Kunst nur profitieren“. Der Aussicht auf schnelles Geld legt Wall einen ebenso schnellen Riegel vor: Ohne Sach und Fachkenntnis, ohne Kunstsinn und –verstand geht es nicht: „Man muss ein Freak sein!“ Wer genügend Geld und Zeit besitzt, der kann als versierter Sammler reich werden – nicht nur finanziell sondern in erster Linie durch die Freude an den Werken. Weniger solventen Zeitgenossen bleibt die Investition in Kunstfonds oder in Aktien von Händlern und Galerien. „Der Kunstmarkt ist heiß und bleibt heiß“, so Wall. Aber der Markt ist ebenso unsicher. Wer sein Geld sicher in Kunst anlegen will, der muss auf sichere Werte setzen. Wie auf dem allgemeinen Aktienmarkt gibt es auch hier „Blue Chip-Werte“, Bewährtes bringt Geld. Eine solch sichere Bank ist nach wie vor das Werk von Piccasso. Zeichnungen und Lithografien des spanischen Künstlers sind derzeit beliebt. „Die kosten dann nur eine halbe Doppelhaushälfte und nicht gleich die halbe Stadt“, so Wall.

Für Wall schließt sich am Ende seines Vortrages ein Kreis. Kunst tauge als Investment und aus seiner Sicht lohne es sich auch. Er stimmt Beuys mit seiner Formel „Kunst gleich Kapital“ zu. Der Begriff „Kapital“ basiere auf dem lateinischen „caput“ für „Kopf“. „Wer in Kunst investiert, der investiert immer in den Kopf – in Poesie und Kreativität“. Ein Leben mit Kunst sei sinnvoll und mache reich: „Ob der Wert steigt oder fällt ist Nebensache“.

Gerhard Schmücker
Nürtingen, 24.01.2014