Knirpse im Wissensuniversum

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Mini-Akademiker mit Leidenschaft: Andreas Fritz hat die Kinderhochschule zu seinem Steckenpferd gemacht.

NÜRTINGEN (ur) Warum Pferde nicht umfallen, wieso Schnecken eigene Gärten bekommen oder wie man gleichzeitig arm und reich sein kann, das erfuhren die kleinen Studierenden bei der Kinderhochschule. Mehrere Hundert Schüler haben in diesem Jahr wieder die Veranstaltungsreihe besucht, die von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) und der Buchhandlung Zimmermann organisiert wird und jetzt zu Ende ging. Mittlerweile gibt es nicht wenige Mini-Akademiker, die die Kinderhochschule zur ihrem Steckenpferd gemacht haben. Andreas Fritz ist einer von ihnen.

Wuschelkopf, das Kickboard fest im Griff, das Studienbuch der Kinderhochschule unter den Arm geklemmt – und immer eine Frage auf den Lippen: In der Kinderhochschule fühlt sich der Elfjährige wohl. Seit 2007 hat er keine Vorlesung verpasst. „Professoren sind auch nur ganz normale Menschen – nur wissen die eben mehr als andere“, findet Andreas. Inzwischen hat er eine ganze Reihe der Hochschullehrer an der HfWU kennengelernt. Über ein Dutzend Vorlesungen hat er besucht. Und um sicher zu gehen, eine Karte für einen der Workshops zu ergattern, macht er sich auch mal in aller Früh zur Buchhandlung Zimmermann auf.

„Meine Eltern finden die Kinderhochschule gut, dann müssen sie nicht alles selbst erklären“, stellt der kleine wissbegierige Wolfschlugener fest und ergänzt nicht ohne Stolz: „Oft weiß ich dann was, was der Papa nicht weiß!“. Etwa, dass Schnecken eigene Gärten bekommen, wo sie entsprechend einer langen Tradition für den Verzehr gezüchtet werden. Oder dass Pferde „im Kopf einen Gleichgewichtsinn haben, mit dem sie sich auspendeln können“. Sogar den Oberbürgermeister von Tübingen hat er bei einer der diesjährigen Vorlesungen „höchst persönlich“ kennengelernt: „Der ist grün und will was für die Umwelt tun“. Die Bürger wählen den Oberbürgermeister direkt, hat er gelernt. Die Bundeskanzlerin dagegen wird vom Parlament bestimmt und hat „super wenig Freizeit“.

An der Nürtinger Rudolf Steiner Schule ist sein Lieblingsfach Gartenbau. Da wäre er an der HfWU auch als großer Student an der richtigen Adresse. Als Beruf würde ihm aber Architekt besser gefallen. Der Workshop der Kinderhochschule im vergangenen Jahr, bei dem aus Strumpfhosenstoff und Schaschlikspießen Miniatur-Zelt-Dächer gebaut wurden, hat ihm deshalb bisher auch am besten gefallen. Bei den vielseitigen Interessen des Vorlesungsfans wollen die Besuche bei der Kinderhochschule gut geplant sein. Einradfahren, Vereinsfußball, Allkampf (eine Mischung aus verschiedenen Kampfsportarten), Harmonika- und Klavier-Spielen, Turnen und bis vor kurzem auch noch Karate stehen auf seinem Freizeitplan. Die Begeisterung für die Kinderhochschule scheint etwas größer zu sein als für die reguläre Schule. Ein Überflieger ist Andreas mit seiner fast grenzenlosen Wissbegier dennoch nicht. Er sieht sich als „ganz normalen Schüler“.

Im kommenden Jahr will Andreas bei der Kinderhochschule nicht nur passiv im Hörsaal sitzen. Abgemachte Sache ist bereits, dass er für die Nürtinger Zeitung als Kinderredakteur von den Vorlesungen berichten wird. Was denn so toll und spannend sei an der Kinderhochschule – seine Antwort ist so schlicht wie überzeugend: „Weil man einfach was dazulernt“.

Udo Renner, 3.8.2010