Kluge Entscheidungen statt Panik

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Prof. Dr. mult. Franz Josef Radermacher

HfWU-Rektor Prof. Dr. Andreas Frey, Prof. Dr. Franz Josef Radermacher und der Organisator des „Tag der Finanzen“, Prof. Dr. Dr. Dietmar Ernst (v.l.n.r.).

- Multiwissenschaftler und Club of Rome-Mitglied Prof. Dr. Franz Josef Radermacher sprach an Hochschule in Nürtingen zum Thema „Welt im Krisenmodus“ -

NÜRTINGEN (hfwu). „Die Welt im Krisenmodus – navigieren in schwierigem Gelände“, zu diesem Thema sprach der Nachhaltigkeitsexperte Prof. Dr. Franz Josef Radermacher im Rahmen des Studium generale an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) in Nürtingen. Wie die globale Misere zu bewältigen ist, dafür präsentierte der Zukunftsforscher konkrete Vorschläge.

In Krisenzeiten haben Weltuntergangsszenarien und gefühlte Wahrheiten Hochkonjunktur. Zur Riege der selbsternannten Experten, die dann mit einfachen Weltbildern und Lösungen auf den Plan treten gehört Franz Josef Radermacher nicht. „Gerade in einer Welt vom Typus Irrsinn brauchen wir die Wissenschaft, klare logische Schlüsse, die Anerkennung von kausalen Zusammenhängen und eine gute akademische Ausbildung“, so der international renommierte Wissenschaftler und Regierungsberater. Mit seinem Vortrag beim „Tag der Finanzen“ an der HfWU sei er damit an der richtigen Stelle. Die Nürtinger Stadthalle, in der er im Rahmen des Studium generale sprach, war voll besetzt. „Panik hilft nicht weiter. Wir müssen die Impulse der Sorge in kluge Entscheidungen und Lösungen übersetzen“, ist Radermacher überzeugt.

Die kluge Lösung ist für den Nachhaltigkeitsexperten vor allem eine technische. Allerdings nicht alleine die, die derzeit vornehmlich propagiert wird, das E-Auto. Für die Fahrt in eine nachhaltige Zukunft setzt Rademacher auf klimaneutrale synthetische Kraftstoffe. Mit diesem „grünen Methanol“ könnten wir mit den jetzigen Autos fahren, die bestehenden Heizungen nützen und von der „absurden Vorstellung Abschied nehmen, alle Gebäude energetisch umzubauen, was sich zudem wirtschaftlich nicht rechnet.“

Alternative Energieträger zu finden betrifft für Radermacher den Kern unseres Wohlstands. Denn Produktion, Konsum und Mobilität seien unabdingbar mit einem hohen Energieverbrauch verbunden. Allerdings geht es dem Informatiker und Ökonom dabei nicht um die vielbeschworene CO2-freie Wirtschaftsweise. „Dekarbonisierung ist nicht die Lösung“. Sinnvoller sei ein Kreislaufsystem. Dafür seien globale Maßnahmen erforderlich: Internationale Kompensationsprojekte, die insbesondere CO2 wieder aus der Atmosphäre herausholten. Dies sei über eine massive Aufforstung und den Schutz der Regenwälder und über Humusbildung in der Landwirtschaft, insbesondere in Afrika, zu erreichen. „Geld in diese Bereiche zu investieren macht viel mehr Sinn als in Aufladestationen für Elektroautos.“

In den Wüsten Afrikas gebe es zudem ein riesige Potenzial für die Erzeugung erneuerbarer Energie. Afrika biete vor diesem Hintergrund „für Europa eine weltpolitische Entwicklungschance und die Chance, wirklich neue, reale Werte zu schaffen.“ Rademacher gehört zu den Impulsgebern der Global Marshall Plan Initiative. Sie stammt aus dem Kreis des Club of Rome Deutschland und fordert nachhaltig bessere Perspektiven für die Menschen in Afrika.

Dem Zuhörer forderte der Referent, der frei und mitunter in schnellen Gedankensprüngen sprach, einiges ab. Aber die Botschaft des Multiwissenschaftlers und Buchautors wurde klar: Statt Weltuntergangsbeschwörung ist eine nüchterne, sachlich-wissenschaftliche Analyse der globalen Probleme gefragt („Wir sollten einfach unser Gehirn benutzen“) sowie eine realistische Einschätzung der menschlichen Natur („Unsere Fähigkeit zur autosuggestiven Selbstüberhöhung ist unübertroffen“) – dann kann noch einiges bewegt werden. Die Besucher verließen die Veranstaltung, vermutlich anders als beim Titel „Welt im Krisenmodus“ erwartet, verhalten optimistisch.