Kinder-Hochschule / Vom Urknall bis zum Lattenknaller

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Am Anfang war nichts – überhaupt nichts
Die zweite Vorlesung der Kinder-Hochschule in Nürtingen befasste sich mit der Entstehung der Welt. „Vom Urknall bis zum Lattenknaller“ war der Titel, den Professor Dr. Karl-Josef Durwen den jungen Studierenden präsentierte. Als Kinderredakteurin für die Nürtinger Zeitung war Rachel Agmase mit Stift und Block unterwegs. Rachel ist 13 Jahre alt, liest und schreibt gerne und besucht die Rudolf Steiner Schule.

Bei der Vorlesung von Professor Durwen drehte sich alles um die Erde. Zunächst ging es mit dem Urknall los. Dieser war lautlos, da es damals noch keine Luft gab, um den Schall zu leiten. Innerhalb einer Sekunde war das Universum so groß wie die Milchstraße und zehn Milliarden Grad heiß, nach drei Minuten gab es Wasserstoff, nach 300.000 Jahren war das Universum eine Gaskugel und erst nach 200 Millionen Jahren bildeten sich die ersten Sterne, noch eine Million Jahre später war der Himmel von ihrem Licht erhellt.
Die historische Entwicklung verdeutlichte Professor Dr. Karl-Josef Durwen mit vielen Bildern im Ablauf eines Kalenderjahres, um die lange Zeitdauer zu zeigen. In diesem Zeitraffer bedeutet das: Am 1. Januar gab es den lautlosen Urknall und im Laufe der Monate entwickelte sich das Universum weiter, bis es erst am 31. Dezember Menschen auf der Erde gab. Professor Durwen machte es spannend und belohnte jede richtige Antwort der jungen Studierenden mit einer aufblasbaren Erde, die gut als Wasserball verwendet werden kann.
Doch zunächst mussten die 250 Kinder die Ohren spitzen: Das Sonnensystem mit der Erde entstand nämlich im Zeitvergleich des Professors erst Mitte August. Anfangs war die Erde eine kalte, graue Kugel aus Sternenstaub, dann zog sie sich zusammen und wurde eine glühende Masse. Der innere Kern der Erde besteht aus Eisen und anderen schweren Metallen. Danach kommt geschmolzenes Metall, dann geschmolzenes Gestein und schließlich die fünf bis zehn Kilometer dicke Erdkruste. Die verschiedenen Gesteinsarten sind nach und nach aus Magma entstanden. Wie zum Beispiel Basalt, der fast so fein ist wie Zucker. Er befindet sich dicht unter der Erdkruste. Das Urgestein Granit dagegen lässt sich nur tief im Erdinneren finden.
Später bildete sich Wasser auf der Erde. Dieses erste Wasser nannte man Ursuppe, weil darin viele gelöste Stoffe schwammen. Es gab aber immer noch kaum Licht und Sauerstoff auf der Erde. Dennoch begann darin die biologische Evolution durch Einzeller, die auch ohne Sonne leben konnten. Aber auch schon damals gab es eine Energiekrise. Bakterien entwickelten jedoch die Fähigkeit der Photosynthese. So half die Sonne, die nötige Energie für das gerade begonnene Leben auf der Welt zu sichern, und es verschwand viel Gift aus Wasser und Luft.
Zunächst waren Ein- und Mehrzeller die einzigen Lebewesen auf der Welt, später entwickelten sich Tiere und Pflanzen. Das grüne Augentierchen war ein tier- und pflanzenartiges Geschöpf gleichzeitig. Es entwickelte sich im Jahresvergleich des Professors erst am 18. Dezember und zur Weihnachtszeit herrschten die Saurier auf der Erde.
Als vor 65 Millionen Jahren ein riesengroßer Meteorit auf die Erde einschlug, starben diese und die anderen Urtiere aus. Aus den Sauriern hatten sich aber schon die Vögel und die Säugetiere entwickelt, die die beiden letzten Kalendertage in dieser eigentlich 14 Milliarden Jahre langen Entwicklung bestimmten.
Erst seit einer Million Jahren gehen die Menschen aufrecht. Und mit ihnen hat sich die Erde am 31. Dezember im Kalendervergleich von Professor Durwen – und zwar erst wenige Minuten vor Mitternacht – einen kleinen Luxus zugelegt. Da erscheinen so Dinge wie die Fussballweltmeisterschaft, die machen Lattenknaller fabrizierte, ganz klein, wenn auch hörbar.
Zur Person
Karl-Josef Durwen:
Seit fast zwanzig Jahren lehrt Professor Dr. Karl-Josef Durwen an der HfWU im Studiengang Landschaftsplanung. Er hat Ökologie studiert und interessiert sich sehr für die Philosophie. Dies wurde schon bei seiner Vorlesung im vergangenen Jahr deutlich, als er von den großen Philosophen berichtete. Professor Durwen liest sehr gerne und hinterfragt Aussagen nach ihrer Richtigkeit. Für ihn ist es wichtig, Dinge nicht einfach hinzunehmen, sondern sich seine eigenen Gedanken zu einer Sache zu machen.
18.06.2006, Rachel Agmase