Kein „Jura light“ an der Hochschule Nürtingen

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GEISLINGEN. (üke) Günther Oettinger hat Wort gehalten: Vor rund vier Jahren eröffnete der CDU-Fraktionschef im Landtag den damals neuen Studiengang Wirtschaftsrecht an der Hochschule Nürtingen in Geislingen. Dabei gab er das Versprechen ab, auch die ersten Absolventen zu verabschieden. Am Freitag war es so weit, als die Wirtschaftsjuristen gemeinsam mit den Diplom-Betriebswirten ihre Diplomurkunden bekamen.

Die Gelegenheit konnte nicht günstiger sein, um als verantwortlicher Politiker etwas von dem Geist mitzubekommen, der inzwischen an dem Geislinger Hochschulstandort herrscht. Selbstbewusst erklärte Celine Feige, Preisträgerin und eine der besten BWL-Absolventinnen, dass sie stolz auf ihre Hochschule sei. „Wir haben Bedingungen vorgefunden, die andere nur neidisch machen können“. Und sie setzte noch hinzu „das was wir hier vorfinden, ist das, was man sich von den kommenden Elitehochschulen erwartet“. Auch Patricia Huwer, die als Absolventin des Wirtschaftsrechts die studentische Ansprache hielt, sparte nicht mit Lob. Als Diplom-Wirtschaftsjuristin (FH) fühlt sie sich optimal auf die beruflichen Herausforderungen vorbereitet.
Und die liegen in der Wirtschaft. Nur 10 Prozent der Universitätsjuristen finden derzeit im öffentlichen Sektor eine berufliche Chance, beschrieb Oettinger die Situation. Im Vergleich dazu sind die Geislinger Wirtschaftsjuristen besser aufgestellt. Für ihn war der Geislinger Studiengang zu keinem Zeitpunkt ein Studienfach „Jura light“. Im Gegenteil: „Dieser Studiengang ist das Fach für den Arbeitsmarkt von morgen“. Mit der Wirtschaftskompetenz, die den Universitäten fehle, fülle die Hochschule Nürtingen eine Nische. Oettinger forderte von den Absolventen, in die Offensive zu gehen und innovativ zu sein. Deutschland sei ein Sanierungsfall, eine aussterbende Gesellschaft in einer dramatischen Situation. Die neue Generation Hochschulabsolventen müsse dem Land neue Perspektiven schaffen. Es könne nicht ein, dass die besten Absolventen das Land verließen. Er hoffe, so Oettinger, dass alle Absolventen des Standortes Geislingen in Baden-Württemberg bleiben würden.
Unbeabsichtigt bestätigte Hochschulrektor Professor Klaus Fischer Oettingers Befürchtung. Fischer zeichnete sechs Absolventen mit Preisen aus. Leider, so Rektor Fischer, könnten zwei der Preisträger ihre Auszeichnungen nicht entgegen nehmen. Sie hätten bereits in den USA attraktive Stellen angetreten. Sven Bauer, Celine Feige und Dennis Baumann wurden für die besten Studienleistungen im Studiengang Betriebswirtschaft geehrt. Im Studiengang Wirtschaftsrecht erhielten Stephanie Schuler, Julia Straub und Andreas Schwarz die Preise des Hochschulbundes. Stephanie Schuler erhielt auch den Preis der Rechtsanwaltskanzlei CMS Hasche Sigle aus Stuttgart, verliehen durch Dr. Gerhard Wilhelm. Christian Merten wurde mit dem Preis des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe ausgezeichnet. Die Verleihung nahm der Präsident des Landesverbandes, Otto Hahn, vor. Prorektor Professor Dr. Werner Ziegler ließ dagegen „seine Absolventen“ nicht so einfach ziehen. Egal ob in den USA oder in Geislingen, er forderte sie auf Mitglied im Absolventennetzwerk zu werden und der Hochschule lebenslänglich verbunden zu bleiben. Dieses Stichwort war prompt eine Vorlage für Günter Oettinger. „Ich werde in ein paar Jahren zu einem Alumnitreffen kommen und sehen, was aus Ihnen allen geworden ist“. Die Einladung steht!
G. Schmücker, 29.03.2004