„Jeder kann unabhängig vom Geschlecht Opfer von Sexismus werden“

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Referentin beim Reden

Die ESG-Expertin und Unternehmensberaterin Marie-Christine Döscher sprach im Studium-generale der HfWU. (Foto: HfWU)

Marie-Christine Döscher im Gespräch mit der Gleichstellungsbeauftragten der HfWU, Prof. Dr. Barbara Wild. (Foto: HfWU)

Marie-Christine Döscher, Expertin für „Environmental, Social and Corporate Governance“ referierte im Studium generale

NÜRTINGEN (hfwu). Die Zeiten, in denen eine werte-, umwelt- und sozialorientierte Unternehmensführung nachrangig waren, sind vorbei. Das wurde deutlich bei einem öffentlichen Vortrag an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) in Nürtingen.

Die Unternehmensberaterin Marie-Christine Döscher führte im Rahmen des Studium generale an der HfWU in das Themenfeld „Environmental, Social and Corporate Governance“ (ESG) ein. Die ehemalige Staatsanwältin nahm dabei insbesondere die soziale Dimension und das Thema Diskriminierung in den Blick. Für eine langfristige Wertschöpfung spielt heute für Unternehmen und Investoren eine Orientierung am ESG-Rahmen eine wichtige Rolle, so ein zentraler Befund der Juristin. Bisher lag der Fokus bei den dabei berücksichtigten Nachhaltigkeitsdimensionen eher auf Umweltaspekten und denen einer ethischen und transparenten Unternehmensführung. Jüngst rückten aber mehr und soziale Themen in den Blick, so Döscher.  

49 Prozent der Männer und 63 Prozent der Frauen in Deutschland haben sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt, zitiert Döscher eine Studie. „Jeder – unabhängig von Geschlecht oder Geschlechtsidentität – kann Opfer von Sexismus werden“, ist die Unternehmensberaterin überzeugt. Die 36-Jährge berät neben Vorständen und Geschäftsführung insbesondere Aufsichts- und Verwaltungsräte sowie Führungskräfte der Compliance-, Personal- und Rechtsabteilungen.

Die ESG relevanten Vorschriften entwickeln sich ständig weiter, berichtet Döscher. Entsprechend die damit verbundenen Auswirkungen und Risiken für die Firmen. Unternehmen kämen damit nicht umhin, Sexismus und Diskriminierung ernster zu nehmen denn je. Allein der jährliche Verlust für Aktionäre aufgrund von Schadenersatz bei Sexismus bewege sich in Milliardenhöhe. Dabei gehe es nicht nur darum, dass Firmen frühzeitig Lösungen entwickeln, um Gesetze und Richtlinien einzuhalten. Mit entscheidend sei eine entsprechenden Unternehmenskultur zu etablieren. Hier sieht Döscher vor allem die Unternehmensführung in der Pflicht.

Was können Unternehmen konkret tun, um Sexismus-Vorfällen vorzubeugen und aufgetretene aufzuarbeiten? Wichtig sei, so die Referentin, Verantwortlichkeiten zu definieren, klare Regularien aufzustellen, Trainings anzubieten und gegebenenfalls auch interne Ermittlungen durchzuführen. Führungskräfte sollten vorleben, dass Vorfälle offen angesprochen werden. „Ich will Menschen, die in entsprechenden Situationen sind, Werkzeuge an die Hand geben, die ihnen ermöglichen, konkret etwas zu ändern“, beschreibt Döscher ihr Selbstverständnis als Unternehmensberaterin in Sachen ESG, „die beste Prävention ist Reaktion“.