Jaschinski: "Kursdebakel hat die langfristige Entwicklung einer Aktienkultur gefördert"

Published at

- Aktienkultur Quo vadis? Finanzforum an der FH-Nürtingen -
NÜRTINGEN. (üke) Experten stellten während des 2. Nürtinger Finanzforums an der Fachhochschule Nürtingen fest: Es gibt eine Aktienkultur. Es gab sie vor der T-Aktie und es gibt sie auch nach dem 11. September. Das 2. Nürtinger Finanzforum wurde vom Studiengang Internationales Finanzmanagement organisiert.

Das Vertrauen der Privatanleger in die Börse ist erschüttert. Einseitige Schuldzuweisungen bringen dabei wenig, davor warnt Dr. Siegfried Jaschinski, Vorstandsmitglied der Landesbank Baden-Württemberg und Präsident der Stuttgarter Wertpapierbörse. Schuld an der Aktienmisere seien letztlich alle: Analysten, Banken und Anleger gleichermaßen. Die Aktienkultur in Deutschland hatte jedoch schon vor der letzten Hausse begonnen. Durch die T-Aktie wurde ihr nur noch ein zusätzlicher Schub verliehen. Und auch in der jetzigen Krise habe die Zahl der Anleger im ersten Halbjahr weiter zugenommen. An der Aktie als Form der Altersvorsorge führe kein Weg vorbei. Aktienfonds erfreuen sich momentan eher der Gunst des Publikums. Für den Stuttgarter Börsenpräsidenten steht fest: Das Kursdebakel war der langfristigen Entwicklung einer Aktienkultur eher förderlich, die heute primär eine Fondskultur sei.
Die Anleger profitieren von der Aktie und zur Aktienkultur gehörten Professionalität und Vertrauen. Dass beides im letzten Jahr nicht gegeben war, meint Friedrich Lauer, vom Bereich Investor Relations bei Daimler Chrysler. Aber es bleibe dabei: "Die Aktie schlägt die Rente in der langfristigen Betrachtung in der Rendite um Längen." Die etablierten DAX Werte hätten unter der Krise des neuen Marktes gelitten. Und das in einer Situation, in der gerade auch große Konzerne wie Daimler Chrysler auf einen funktionierenden Kapitalmarkt angewiesen seien. Heute gehe es darum, Vertrauen zu schaffen. Die Unternehmen selbst seien da gefordert. Die strengeren Regeln des amerikanischen Aktienrechtes täten der deutschen Szene nur gut. Alles, was den Kapitalmarkt beschädige, sei Gift für die Unternehmen.
Es gibt keinen Grund zu Pessimismus. Laut Ansicht von Gunars Balodis, Vorstandsmitglied der Deka Kaitalanlagegesellschaft, hätten alle Seiten gelernt. Unternehmen, Banken, aber auch die Anleger. Sie hätten durch die Baisse am Neuen Markt mehr Risikobewusstsein entwickelt. Und das sei Aktienkultur. Anleger dürften nicht nur auf Chancen sondern auch auf Risiken achten. Die 18% Rendite der letzten fünf Jahre entsprächen nicht dem, was Anleger langfristig erwarten könnten. Bei aller Tragik: Die Geschichte von Pearl Harbor bis zum Golfkrieg zeige, dass externe Schocks keine bleibenden Auswirkungen auf den Aktienmarkt haben. Das gilt auch für die aktuelle politische Situation.