Immobiliengeschäft fordert flexible Allrounder

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Studenten der Fachhochschule Nürtingen im Dialog mit Immobilien-Manager
GEISLINGEN. (bul) Gewerbeimmobilien sind mehr als nur Kostenstellen, sie erfordern von Unternehmen einen professionellen Umgang und müssen Rendite erzielen. Beim Immobiliengespräch der Fachhochschule Nürtingen am Standort Geislingen sprach Dr. Jochen Scharpe von Siemens Real Estate (SRE) über seine Arbeit und seinen Anspruch an Nachwuchskräfte.

Anfang der 90er Jahre fegte frischer Wind durch Deutschlands Immobilienwirtschaft. In Berlin war die Mauer gefallen und die Unternehmen entdeckten neue Geschäftsfelder. Die kapitalbindende Immobilienverwaltung musste professioneller werden. Im Siemens-Konzern wurde dafür 1994 ein eigenes Unternehmen gegründet. Seit dem vergangenen Jahr heißt dieses Siemens Real Estate.
Geschäftsführer Jochen Scharpe gilt als Experte im Umgang mit betrieblichen Immobilien. Er bezeichnet sich selbst als größter Parkplatzverwalter Deutschlands, da er jede Menge unbebauter Liegenschaften in seinem Bestand hat. Mit 600 Mitarbeiter ist er in 27 Ländern an über 830 Standorten aktiv. Der Bilanzwert des Immobilienvermögens beläuft sich auf rund sechs Milliarden Mark, der Verkehrswert dürfte laut Scharpes Aussage beim zweieinhalb- bis dreifachen liegen. Über 45 Millionen Quadratmeter Grund- und 18 Millionen Quadratmeter Gebäudefläche verwaltet die SRE. Fast alle Immobilien im Siemens-Konzern sind Eigentum der SRE. Zwar will Scharpe die Eigentumsquote nach unten drücken, doch kann sein Team die Immobilien gar nicht so schnell verkaufen, wie der Mutterkonzern neue Unternehmen (200 im vergangenen Geschäftsjahr) und damit Grundstücke und Gebäude hinzukauft.
Die Zeiten, als Immobilien in Unternehmen als reine Kostenstellen betrachtet wurden, sind längst vorbei. Es geht darum Rendite zu erzielen: Acht Prozent. Scharpes Messlatte, ist kein Pappenstiel. Vom Bauträgergeschäft lässt er deshalb lieber die Finger, "das Risiko ist mir zu hoch." Er setzt an den weltweiten Standorten auf lokale Projektteams, die den jeweiligen Markt kennen.
Von Nachwuchskräften verlangt Scharpe mehr als nur den Blick durch die Immobilienbrille. Er fordert den betriebswirtschaftlichen Allrounder. "Ein festes Anforderungsprofil gibt es nicht, wir brauchen Leute, die mit dem Produkt Immo umgehen können." Eine möglichst breite Ausbildung im Studium sei Grundvoraussetzung. Die Zeiten, als sich Teppichhändler und Autoverkäufer in der Immobilienbranche eine goldene Nase verdient hätten, seien vorbei. "Unsere Mitarbeiter müssen denken und handeln wie ein Unternehmer, es liegt an jedem selbst, ob er nur 35 Stunden in der Woche arbeiten will."
Die Voraussetzungen für die immobilienwirtschaftlichen Generalisten der Fachhochschule Nürtingen hält Scharpe für gut. Mobilität und Flexibilität ist zudem erforderlich. "Wer bei uns anfängt, wird nicht ewig auf demselben Platz sitzen."
Der Top-Manager selbst hatte zu Beginn seines Studiums in Münster auch noch nicht gewusst, wo er einmal beruflich landen werde, "ich war auf einem ganz anderen Trip und bin erst durch Zufall zur Immobilie gelangt." Bei der Mitarbeiterwahl setzt er mehr auf die persönlichen Eigenschaften eines Bewerbers als nur auf die Güte der Examensnote. Sein Schlusswort an die Studenten: "Spezialisieren Sie sich darauf, was Ihnen Spaß macht und wenn Sie einmal nicht wissen, was Sie beruflich machen sollen, dann melden Sie sich einfach."