Immobilienbranche sucht den Dialog

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Tag der Immobilie an der Fachhochschule Nürtingen -
NÜRTINGEN. In der Immobilienbranche werden Dienstleister gebraucht, die die Bedürfnisse der Gesellschaft erkennen und gemeinsam mit den Kunden individuelle Wohn- und Bürolösungen erarbeiten. Beim 26. Tag der Immobilien an der der Fachhochschule Nürtingen appellierten alle Referenten für eine stärkere Zusammenarbeit der Immobilienunternehmen mit der Öffentlichkeit.

Zwar sitzen alle in einem Boot, doch scheinen es einige in der Immobilienbranche noch nicht bemerkt zu haben. In der Öffentlichkeit haftet der Immobilienbranche immer noch ein negativer Beigeschmack an. Transparenz und Offenheit müsse Abhilfe schaffen, sagt Thomas Porten, Chefredakteur der Immobilienzeitung. Nur gemeinsam mit Kommunen und einer breiten Öffentlichkeit können Bauprojekte die nötige Akzeptanz erlangen, die sie für ihren Erfolg brauchen.
Dass ein Projekt, wie der in Stuttgart geplante Trump-Tower nicht ohne Widerstände realisiert werden kann, ist unumstritten. Doch durch die frühe Einbindung aller gesellschaftlicher Gruppen in die Planung können Großprojekte transparent gemacht werden. Der ThyssenKrupp Immobilien Management GmbH scheint dies in Essen mit ihrem ehemaligen Werksgelände gelungen zu sein. Gemeinsam mit Bürgern, der Stadt Essen und dem Land Nordrhein-Westfalen ist ein Rahmenplan für das 240 Hektar große "Westward"-Gelände entstanden, der in den nächsten 40 Jahren umgesetzt werden soll. "Wir brauchen die breite Akzeptanz", meint "Westward"-Projektleiter Oliver Gagaik. Deshalb habe man von Beginn an mit Planern, Bürgern und Politikern Workshops veranstaltet.
Die Menschen sollen sich in einer Wohn- und Arbeitswelt mit Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten wohlfühlen. Die Stadt Essen hat diese Chance zur Umgestaltung der Industriebrache schnell erkannt und finanziert gemeinsam mit dem Land Nordrhein-Westfalen rund die Hälfte der Planungskosten. Nun entsteht eine parkähnliche Fläche mit See in unmittelbarer Nähe zu repräsentativen Bürohochhäusern. Drei Planungsbüros arbeiten im Team gemeinsam an dem Projekt.
Damit sich Projekte überhaupt entwickeln lassen, bedarf es der Öffentlichkeit. Journalisten, wie Thomas Porten, Chefredakteur der Immobilienzeitung, sind ein wichtiger Filter. Dass Immobilienjournalismus für die Absolventen des Studiengangs Immobilienwirtschaft der Fachhochschule Nürtingen ein möglicher Berufszweig ist, stellt Porten dar. 50 bis 60 Immobilien-Journalisten gebe es in Deutschland und kaum einer davon hätte das Immobilienfach wirklich gelernt. Wer als Absolvent des Immobilienstudiengangs, die nötigen journalistischen Fähigkeiten mitbringe, habe also einen entscheidenden Vorteil. Porten sieht die Aufgabe eines Journalisten nicht darin, die Wahrheit zu schreiben. "Das Nennen oder weglassen von Fakten ist schon Manipulation", und alle Fakten könne schließlich niemand nennen. Für Porten liegt die Medien-Aufgabe darin, die Leser soweit zu informieren, dass diese sich ihre eigene Meinung bilden können. Der Journalist fordert eine professionellere Öffentlichkeitsarbeit der Unternehmen: "95 Prozent der Presseinformationen die bei uns eingehen werden nicht gebraucht."
Was jemand braucht, beantwortet Hans Ulrich Gruber, Vorstandsvorsitzender der Trump Deutschland AG in seinem Vortrag "Immobilien und Services". Der Mann, der seit eineinhalb Jahren versucht in Deutschland den Trumptower zu bauen, war vorher 15 Jahre lang im Vorstand von Thyssen Krupp und baute unter anderem die Köln-Arena. "Ohne Service ist ein Haus tot", lautet seine Botschaft. Dass sich hinter Service für Gruber mehr verbirgt, als gemeinhin unter dem Begriff des Facility Managements (Gebäudebewirtschaftung) verstanden wird, erläuterte er eindringlich. Der Bauherr muss wissen, welche Funktionen sein Gebäude erfüllen soll: Welche Mieter und Eigentümer werden darin wohnen und arbeiten? Welche Dienstleistungen muss er Ihnen bieten. Einkaufsmöglichkeiten und Catoring rund um die Uhr. Werkstattservice für das Auto, Post- und Handwerkliche Dienste. Für Gruber leben solche Häuser. Wohlfühl-Merkmale seien unter anderem höhere, nicht unbedingt größere Räume. Ein "sexy-Projekt" zeichne sich dadurch aus, wenn es all das berücksichtige, was der andere von dem Projekt brauche.
Was aber die Unternehmen brauchen, sei die Akzeptanz für die Projekte in der Öffentlichkeit. Deshalb ist für Gruber die Zusammenarbeit mit den Medien sehr wichtig, "wir sollten uns die Zeit dafür nehmen". Trump Deutschland entwickelt Hochhäuser, und Seniorenpflegeheime. "Die Öffentlichkeit reagiert auf jedes Gebäude sensibel", sagt Gruber. Inzwischen hat er gelernt, dass Hochhäuser in Stuttgart etwas besonderes sind. Deshalb glaubt er auch an den Trump-Tower, denn "jede Immobilie muss besonders sein", und diese Voraussetzung ist in der Landeshauptstadt gegeben.
Für die Studierenden des Studiengangs Immobilienwirtschaft des Standorts Geislingen der Fachhochschule Nürtingen zeigte der 26. Tag der Immobilie neue Berufsperspektiven auf. Dekan und Studiengangleiter Prof. Dr. Hansjörg Bach appellierte an die Studierenden diese Chancen zu nutzen. Kontakte mit Unternehmensvertretern und den Referenten waren leicht zu knüpfen. So sprach Oliver Gagaik eine Einladung zum Besuch der werdenden Krupp-City "Westward" in Essen aus, um sich vor Ort ein genaues Bild von dem Vorhaben zu machen.