Globalisierung verlangt Exzellenz aus den Hochschulen

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Globalisierung verlangt Exzellenz aus den Hochschulen

Globalisierung verlangt Exzellenz aus den Hochschulen

- FH-Nürtingen entlässt die ersten VWL-Absolventen
NÜRTINGEN. (üke) Freitag war Feiertag an der Fachhochschule Nürtingen. In diesen Tagen verlassen die Absolventen aller Studiengänge die Fachhochschule. Am Freitag jedoch wurden zum ersten Mal Absolventen der Volkswirtschaft ins Berufsleben entlassen. Der parlamentarische Staatssekretär Siegmar Mosdorf, vom Bundeswirtschaftsministerium, war eigens nach Nürtingen gekommen, um die Festrede zur Verabschiedung zu halten.

Die Leistungen der Absolventen konnten sich sehen lassen. Frau Christine Schramm legte mit der Note 1,3 die beste Diplomarbeit vor und mit 1,8 die beste Gesamtnote, dicht gefolgt von Jens Albert mit 1,9. Matthias Zink wurde für sein außergewöhnliches Engagement in studentischen Initiativen ausgezeichnet. Alle drei Absolventen bekamen Preise überreicht, und die volkswirtschaftliche Abteilung von DaimlerChrysler stiftete den dreien jeweils ein langes Wochenende in einem Mercedes SLK-Cabrio. Schon diese Preise zeigten den Hauptunterschied zwischen dem VWL-Studium an der Fachhochschule und dem an der Universität: Praxisbezug und enge Zusammenarbeit mit Verbänden und Unternehmen. Über zwei Drittel der Absolventen seien schon berufstätig oder hätten konkrete Stellenangebote, der Rest habe mit den Bewerbungen erst begonnen, so die Leiterin des Studienganges Professor Dr. Margot Körber-Weik. Immer mehr Arbeitsverträge würden schon vor Studienabschluss abgeschlossen. Die Bandbreite der Tätigkeiten sei breit - von Personalentwicklung, SAP-Beratung über Controlling bei Robert Bosch bis zu typische volkswirtschaftlichen Tätigkeiten in der Wirtschaftsstatistik. Zu den aktuellen und interessierten Arbeitgebern zählten auch renommierte Namen wie Anderson Consulting, McKinsey, DaimlerChrysler, Robert Bosch, Deutsche Bundesbank. Es gebe sogar schon einen Existenzgründer, und zwar mit einem Unternehmen für Internet-Auftritte.
Professor Dr. Eduard Mändle, der Rektor der Fachhochschule Nürtingen betonte, dass es ein Wagnis gewesen sei, einen Studiengang Volkswirtschaft in Nürtingen einzurichten. Aber das Wagnis habe sich gelohnt. Bereits im ersten Jahr wurde der Studiengang mit einem Preis des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft für seine innovative Konzeption ausgezeichnet. In einem Arbeitskreis werde die Studienkonzeption zusammen mit Beratern aus Firmen und Verbänden laufend fortentwickelt. Dies alles sei das bleibende Verdienst der Studiengangleiterin Professor Dr. Margot Körber-Weik, die eine hervorragende Aufbauarbeit geleistet habe.
Praxiswissen, eine Grundvoraussetzung für Erfolg in der globalisierten Wirtschaft. Siegmar Mosdorf, der Experte aus dem Wirtschaftsministerium in Berlin, nahm den Ball gerne auf. Praxisbezug in einem Studiengang, dem von seinen Universitätsvorbildern der Geruch nach Theorielastigkeit anhaftet. Dass dies in Nürtingen nicht so ist, ist für Mosdorf der Schlüssel zum Erfolg. Er nahm die Absolventen auch sogleich in die Pflicht: "Sie sind die Generation 21", eine Generation, für die die Globalisierung vom ersten Berufstag an Realität sei. Deutschland müsse sich in dieser Realität behaupten. Das erfolgreiche deutsche Exportmodell stoße längst an seine Grenzen. Besuche man andere Länder, seien die Konkurrenten aus den USA, aus Spanien oder Frankreich bereits da. Export nach traditionellen Mustern gehöre der Vergangenheit an. Die heutigen Handelspartner verlangten, dass vor Ort produziert werde. Dies alles habe Konsequenzen für Deutschland. Die Arbeitsteilung, auch in Dienstleistungen, laufe weltweit ab. Mühelos ließen sich die Schichtzeiten von Produktionsmaschinen, die in Singapur aufgestellt seien, online vom schwäbischen Ditzingen aus steuern.
Deutschland könne in dieser neuen Arbeits- und Wirtschaftswelt mithalten. Allerdings müsse sich einiges ändern. Mosdorf mahnte eine neue Partnerschaft zwischen Wirtschaft und Politik an. "Wir brauchen auch einen Vorsprung an Exzellenz für die Zukunftsentwicklung, den kriegen wir nur von den Hochschulen". Die Fachhochschule Nürtingen sieht Mosdorf dabei als eine gute Adresse. Er nannte als erfolgreiche Nürtinger DG-Bank Vorstand Jörg Brixner und den Mc Kinsey Chef Herbert Henzler. "Wenn wir von Ihnen auch so viel hören wie von denen, dann war es ein gutes Studium".
Lob für den Studiengang gab es weiter von politischer Seite. Dr. Harald Hagmann vom baden-württembergischen Wissenschaftsministerium unterstrich die innovativen Ansätze in Lehre und Praxisbezug sowie die Erfolge beim Berufseinstieg der Absolventen. wusste zu berichten, dass ein Absolvent bereits als Existenzgründer aktiv sei. Die Absolventen hätten alle Chancen "machen Sie was aus dem, was sich Ihnen bietet". Wolfgang Wolf, Vorstandsmitglied des Landesverbandes der baden-württembergischen Industrie, stellte klar, das Wirtschaft und Verbände Bedarf an den FH-Volkswirten hätten. "Gerade wegen der Globalisierung brauchen wir die Volkswirte, die in breiten und komplexen Zusammenhängen denken, aber eben mit Praxisbezug"!
Genau wegen dieses Bedarfs habe man, so Professorin Dr. Margot Körber-Weik, in Nürtingen der ersten Studiengang Volkswirtschaft an einer Fachhochschule aufgebaut, obwohl gleichzeitig an Universitäten solche Studiengänge abgebaut wurden. Die damalige Hoffnung auf gute Berufschancen sei mittlerweile von der Realität bei Weitem übertroffen worden. Der Dank für diese erfreuliche Entwicklung gebühre der Praxis, die Politik und vor allem an die Studierenden, die sich auf dieses Wagnis eingelassen hätten.
Zuvor hatte es auch seitens der Stadt Glückwünsche gegeben. Bürgermeister Guido Wolf lobte die Fachhochschule dafür, dass sie immer wieder auf Entwicklungen in der Wirtschaft und Gesellschaft reagiere. Ein Beispiel dafür sei der Studiengang Volkswirtschaft.