Frauen stürmen Männerdomänen

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- 25. Professorin aus dem Mathilde-Planck-Programm berufen -
NÜRTINGEN. (pm) An deutschen Fachhochschulen könnte es schon bald deutlich mehr Professorinnen geben als die heutigen 10 Prozent. Denn 5.000 Professuren sind im nächsten Jahrzehnt neu zu besetzen, und die Berufungschancen von Frauen steigen ständig. Mindestens 25 Professorinnen sind allein aus dem Mathilde-Planck-Programm hervor gegangen, dem erfolgreichsten Frauenförderprogramm an Hochschulen. Es gilt in Baden-Württemberg, wirkt aber bundesweit. Alle begleitenden Beratungs- und Qualifizierungsangebote sind über das Internet zugänglich. Die Adresse: www.gleichstellung-fh-bw.de.

Die 25. Professorin aus dem Mathilde-Planck-Programm heißt Dr. Anne Kathrin Gliemeroth und ist 42 Jahre alt. Seit September 2003 lehrt sie an der Fachhochschule Nürtingen “Integriertes Management“ im Studiengang Energie- und Recycling-Management, hat also einen Schwerpunkt auf Technik und Wirtschaft. Das ist nicht gerade frauentypisch. Gerade deshalb will Gliemeroth anderen Frauen Mut machen: „Professur ist nicht der Karrierehimmel, den nur Männer erreichen dürfen. Und Technik ist kein Fach, das nur Männer können.“
Den ersten Grundstein für die FH-Professur legte Gliemeroth nach einem Studium der Chemie und Biologie mit einer Promotion über Luftschadstoffe. Danach forschte sie in Mainz und Cambridge, machte eine Expedition nach Tibet und wirkte als Direktionsassistentin in einem Maschinenbauunternehmen bei Stuttgart. Erst 1997 wurde sie auf die FH-Professur aufmerksam – durch einen Zeitungsartikel, der über das Mathilde-Planck-Programm und die flankierenden Beratungsangebote der Landeskonferenz der Frauenbeauftragten an Fachhochschulen informierte.
Schon nach einem Besuch der Website und eines Infoabends der Landeskonferenz erschien Gliemeroth die FH-Professur als Traumberuf. Sie folgte dem Rat einer Frauenbeauftragten, bemühte sich um einen Lehrauftrag an einer Fachhochschule und hatte durchschlagenden Erfolg. Genau dort, wo sie heute als Professorin lehrt, bekam sie schnell zwei Lehraufträge im Rahmen des Mathilde-Planck-Programms. Schon im zweiten Semester wurde eine Professur ausgeschrieben, zu der ihre Qualifikationen passten. Gliemeroth setzte sich gegen die Konkurrenz durch, gestärkt durch Erfolge in der Lehre und ein Bewerbungstraining der Landeskonferenz. Sie ist an der Fachhochschule Nürtingen bereits die fünfte Professorin, die nach einem Mathilde-Planck-Lehrauftrag berufen wurde. Zwei davon leiten sogar schon einen Studiengang.
Der Weg zur Professur war für Gliemeroth also kurz und konnte nie zu einer Sackgasse werden. Das liegt an den Berufungsvoraussetzungen: besondere wissenschaftliche oder künstlerische Qualifikation (vor allem Promotion oder Auszeichnungen), mehrjährige Berufspraxis (darunter mindestens drei Jahre außerhalb von Hochschulen) und Lehrerfahrung (vor allem Lehraufträge an Hochschulen). So hatte auch Dr. Kathrin Köster viele Optionen, bevor sie im Herbst 2003 nach einem Mathilde-Planck-Lehrauftrag an die Fachhochschule Heilbronn berufen wurde. Die 36-jährige Professorin lehrt „Internationales Management, Unternehmensführung und Organisation“ im Studiengang Internationale BWL-Interkulturelle Studien. Sie spricht sechs Sprachen und machte vor der Berufung Karriere in internationalen Konzernen, wurde von einer Managerin bei Sony Corporation zur Leiterin des Bereichs Information Management - Global Sourcing bei Sony Ericsson. Studiert hat sie Volkswirtschaftlehre, Sinologie und Japanologie – in Deutschland, Taiwan und Japan.

Ermutigt durch solche und andere Fortschritte machen sich immer mehr Akademikerinnen auf den Weg zur FH-Professur. Allein für den letzten Infoabend der Landeskonferenz im November 2003 hatten sich 176 Akademikerinnen angemeldet – eine Rekordzahl, die fast schon die aktuelle Zahl der Professorinnen an Fachhochschulen in Baden-Württemberg erreicht (rund 200). Der Boom kommt zur rechten Zeit, sind im nächsten Jahrzehnt bundesweit doch über 5.000 Professuren als Altersgründen neu zu besetzen. „Das Zusammentreffen ist eine einmalige Chance, den Frauenanteil bei den Professuren weit über die aktuelle Zehn-Prozent-Marke hinaus zu bringen“, meint Professor Dr. Margot Körber-Weik, Sprecherin der Landeskonferenz der Frauenbeauftragten an Fachhochschulen in Baden-Württemberg. „Das Rückgrat aller Beratungsangebote ist unsere Website. Sie ist überregional ausgerichtet und die innovativste Form der Frauenförderung“, betont Körber-Weik. Alle Frauen mit Interesse an einer FH-Professur können sich hier umfassend informieren und vernetzen sowie persönlich beraten lassen. Das Knüpfen von Kontakten erleichtert eine Vermittlungsbörse in Form einer Online-Datenbank, in die über 600 Nutzer/innen eingetragen sind. Die Adresse: www.gleichstellung-fh-bw.de.
Überregional wirksam ist auch das Mathilde-Planck-Programm. „Es hat schon mindestens 25 Professorinnen hervor gebracht – mehr als jedes andere der zahlreichen Bund-Länder-Sonderprogramme zur Frauenförderung an Hochschulen, die seit Anfang der 90er Jahre in allen Bundesländern entwickelt worden sind“, berichtet Körber-Weik. Das Mathilde-Planck-Programm ist passgenau auf die Besonderheiten der Fachhochschulen zugeschnitten und bundesweit einzigartig. Akademikerinnen mit Interesse an einer FH-Professur können darüber Lehrerfahrung erwerben, eine Promotion nachholen oder (wieder) in die Berufspraxis außerhalb der Hochschule einsteigen. Benannt ist das Programm nach der in Ulm geborenen Frauenrechtlerin und Politikerin Mathilde Planck (1861-1955); sie gehörte zu den ersten weiblichen Abgeordneten im württembergischen Landtag und erhielt als erste Frau das Bundesverdienstkreuz.
Rückfragen bitte an Prof. Dr. Margot Körber-Weik, Koordinierungsstelle, Fachhochschule Nürtingen, Standort Geislingen, Postfach 12 51, 73302 Geislingen/Steige, Tel. (07331)22-485 oder (07121)240584, E-Mail: margot.koerber-weik@hfwu.de. Beleg erbeten!