FH Nürtingen: Berlin hat die Erwartungen erfüllt

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BERLIN/NÜRTINGEN. (üke) Rund 130 Besucher nahmen am 25. Tag der Immobilie der Fachhochschule Nürtingen teil, der aus Anlass der Präsentation "menschen-und-raum.de" in Berlin stattfand. Mit dem Thema "Immobilien und Risiko" war es Professor Dr. Hansjörg Bach, dem Leiter des Studienganges Immobilienwirtschaft gelungen, neben den Studierenden eine große Zahl von Führungskräften aus der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in die Vertretung des Landes Baden-Württemberg in die Bundeshauptstadt zu locken. "Wir sind sehr zufrieden", lautete denn auch der Tenor des Hochschulprofessors.

"Immobilien und Risiko", es war das Thema, das für den Zulauf sorgte und den Vertretern der Branche gehörig auf den Fingern brennt. Galten Immobilien über Jahrzehnte als der Innbegriff einer sicheren Kapitalanlage, haben sich die Zeiten längst geändert. Vor allem die Wohnungsunternehmen, die den schützenden Schirm der Gemeinnützigkeit verloren haben, spüren, dass Immobilienbestand als kapitalbindende Anlage durchaus hohe Risiken birgt. Professor Dr. Kurt Maier, ausgewiesener Experte im Bereich Finanzmanagement von der Fachhochschule Nürtingen, wies darauf hin, dass Immobilienbesitz großer Firmen und Konzerne dort längst dem Risikokapital zugeordnet wird. Dr. Maier versuchte den Begriff des Risikos zu entwirren, und dabei nahm er dem Wort auch gleich seine bedrohliche Wirkung. Risiko sei mitnichten nur eine Gefahr, so Maier, sondern berge vor allem im Bereich der Geld- und Wertanlage Chancen und Möglichkeiten. Der alte Satz "wer nicht wagt, der nicht gewinnt" bekam im Licht der wissenschaftlichen Analyse eine aktuelle Bedeutung. Die Kunst der Geldanlage bestünde darin, das Risiko möglichst zu streuen, so läßt sich Maiers Referat zusammenfassen. "Risikomanagement" lautet die Devise, nach der heutzutage Fond- und große Kapitalgesellschaften im Interesse ihrer Anleger agierten. Dies gilt auch für Anlage in Immobilien. Denn die Zeiten, in denen die Renditen bei der Immobilienanlage automatisch nach oben gehen, sind nach Maiers Darstellung vorbei. Die Portfoliotheorie, die besagt, dass durch die Streuung des Anlagerisikos auf möglichst viele Vermögensarten das Gesamtrisiko sinkt, hat die Immobilienwirtschaft weitgehend übernommen, so Maier. Dabei gebe es einen wichtigen Unterschied zwischen Aktien- und Immobilienvermögen. Ein Wertverlust bei Wertpapieren ist im DAX innerhalb von Sekunden sichtbar. Anders bei Immobilien. Ändert sich hier der Wert, sind diese Daten erst viel später und langsamer verfügbar. Dies sei eine enorme Managementherausforderung an die Führungskräfte. Nur hochqualifizierte gut ausgebildete Mitarbeiter seien in der Lage, die Steuerungsinstrumente einzusetzen, um das Risiko zu beherrschen.
Dieser menschliche Faktor war der Kernpunkt des Vortrages von Professor Dr. Eduard Mändle, der durch Krankheit verhindert war, und dessen Referat von Dr. Bach verlesen wurde. Die hohe Zahl an Firmenpleiten zeige, dass die Wohnungsunternehmen, die über lange Zeit als ein Hort der Sicherheit galten, große Schwierigkeiten hätten. Es gelte Frühwarnsysteme zu entwickeln und anzuwenden, um frühzeitig zu erkennen, wann Gefahr für das eigene Unternehmen im Verzug sei. Auch der Gesetzgeber habe durch neue Regelungen dafür gesorgt, dass in Unternehmen der Wohnungswirtschaft das Risiko definiert werden muss und entsprechende Vorkehrungen getroffen werden. Die Verantwortung, diese Frühwarnsysteme zu installieren und wahrzunehmen, liege laut Mändle bei Vorständen und Aufsichtsräten gemeinsam. Ein Aufsichtsratsmandat könne künftig nicht mehr so bequem ausgeübt werden wie in der Vergangenheit. Notwendig sei, dass auch die Aufsichtsräte entsprechend qualifiziert sind und weitsichtig agieren. "Aufsichtsräte müssen nach vorne und nicht in den Rückspiegel blicken". Das Risikomanagement müsse in den Unternehmen professionell verankert werden, momentan würden jedoch häufig die Führungskräfte fehlen, die entsprechend ausgebildet seien, um die Möglichkeiten der Frühwarnsysteme auszuschöpfen.
Wohin die Reise bereits im Ausland geht, konnte Martin Brühl anschaulich berichten. Brühl leitet die Bewertungsabteilung der internationalen Beratungsgesellschaft Healey & Baker. Er zeigte beeindruckend auf, wie die Risiken in der Immobilienanlage durch neue und international gültige Bewertungsrichtlinien in Grenzen gehalten werden können. Wie selten zuvor sei Deutschland derzeit für Immobilienanleger attraktiv. Der schwache Euro sorge unter anderem dafür, dass ausländische Investoren Schlange stünden, um nicht nur in den Zentren sondern auch in der Provinz ihr Kapital anzulegen. Diese seien es jedoch gewohnt, die Rendite und das Risiko einer Anlage mit Hilfe von internationalen Bewertungsstandards zu kalkulieren. Standards, die in der deutschen Wertermittlungspraxis noch keine Rolle spielen. Doch die Zeiten ändern sich rapide. Die EU fordert, dass in wenigen Jahren die international gültigen Bewertungsstandards in den Bilanzen aller börsennotierten Unternehmen angewendet werden müssen. So wird in Zukunft schnell klar werden, ob ein Unternehmen über vermeintliche oder aktive Reserven verfügt. "Jetzt zeigt sich, ob der Kaiser Kleider anhat oder nicht", so Brühl. Für die Firmen ist diese Entwicklung nur von Vorteil: Nur die Unternehmen, die die internationalen Bewertungskriterien anwenden, bekommen heute auf internationalen Finanzplätzen Zugang zu günstigem Kapital. Für die vielen Studierenden, die Veranstaltung besuchten, hatte Brühl einen wertvollen Tip parat. Mit den neuen Regeln, wird der Beruf Immobilienanalyst zu einem vielgefragten Berufsbild.
Dass auch das Geschäft im Internet und IT-Aktivitäten nicht ohne Risiko sind, machte Dipl.-Ing. Johann Hurst deutlich. Viren, Hackerangriffe und anfällige Hard- und Software sind Gefahrenquellen, die viele Unternehmen unterschätzen. Gefahren, die mit diversen Sicherheitsvorkehrungen vermieden werden können. Wichtig sei, das Bewußtsein ständig wachzuhalten, dass in vernetzten EDV Systemen für die Datenbestände nur eine relative Sicherheit herrsche.
Zum Abschluss der Veranstaltung vermeldete ein sichtlich zufriedener Studiengangleiter Dr. Bach, dass der Tag der Immobilie in Berlin nahtlos an die erfolgreichen Veranstaltungen in Nürtingen anknüpfen konnte. Die Studierenden konnten wieder im direkten Kontakt mit den Praktikern die Probleme kennnenlernen, die ihren späteren Beruf bestimmen. Auf der anderen Seite waren Führungskräfte zu Gast, die bisher die Nürtinger Veranstaltungen nicht besucht hatten. Besonders erfreulich war jedoch, dass mit der Berlin-Brandenburgischen Akademie für Wohnungs- und Immobilienwirtschaft und der Fachhochschule Nürtingen eine enge Zusammenarbeit etabliert wird.