FH-Bibliothek wird saniert

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Hochschule / 22 000 Bücher schlummern in den Hörsälen
Arbeiten im Gebäude Bahnhofstraße laufen auf Hochtouren
Feiner Staub glitzert im Gegenlicht. Dort wo bis vor wenigen Wochen noch Vorlesungen gehalten wurden und Studierende in Steuergesetzen schmökerten, haben jetzt die Handwerker mit Hammer und Meißel in der Hand die Regentschaft übernommen. Die Bibliothek der Hochschule Nürtingen am Standort Geislingen, die größte fachwissenschaftliche Bibliothek im Landkreis Göppingen mit rund 22 000 Büchern im Bestand, wird saniert.

Geislingen (ab) Von wegen „Ruhe bitte“. Das Schild, das in keiner Bibliothek fehlt, ist am Standort Geislingen der Hochschule Nürtingen außer Funktion gesetzt. Hier kann zur Zeit keiner im Bürgerlichen Gesetzbuch das Schadensersatzrecht büffeln oder Absatztheorien auf einem nachfrageorientierten Markt nachschlagen. Die Mitarbeiter sind verreist, ihre Büros aufgelöst, die 22 000 Lehrbücher parken in Hörsälen und die Studierenden genießen die vorlesungsfreie Zeit. Das ist die einzige Chance das denkmalgeschützte Gebäude in der Bahnhofstr. 62 zu sanieren.
Vor allem der Brandschutz des 1928 zunächst als gewerbliche Berufschule genutzten Gebäudes ließ schwer zu wünschen übrig. Brandschutztüren im ersten und zweiten Stockwerk werden eingebaut und ein Rettungsweg über eine Außentreppe installiert. Rund 670 000 Euro investiert das Staatliche Vermögens- und Hochbauamt. Nicht zuletzt aufgrund des Wachstums des Hochschulstandorts – ab 6. Oktober werden in Geislingen 1360 junge Menschen studieren – wurde der Ausbau genehmigt. „Die Größe einer Hochschulbibliothek ist von der Studierendenzahl abhängig. Wir sind in den vergangenen Jahren stetig gewachsen und haben mit Immobilienwirtschaft, Wirtschaftsrecht und Energie- und Recyclingmanagement drei neue Studiengänge aufgebaut – die Sanierung und Erweiterung ist dringend nötig“, sagt Dieter Gugenhan, Verwaltungsleiter des Geislinger Standorts der Hochschule Nürtingen. Künftig werden der größten fachwissenschaftlichen Bibliothek im Landkreis Göppingen zwei Stockwerke mit rund 550 Quadratmetern Fläche zur Verfügung stehen. Vorher waren die Bücher und Zeitschriften auf gut der halben Fläche (300 Quadratmeter) untergebracht. Das bisher vorhandene Sprachlabor wurde aufgelöst und Büros verlegt. Hochschul-Rektor Klaus Fischer freut sich, dass trotz der angespannten Haushaltssituation der Umbau in Angriff genommen wurde.
132 Fenster nach Maß
Der größte Kostenfaktor der Sanierung sind die 132 Holzfenster, die in 75 Jahren stark unter den Witterungseinflüssen gelitten haben. Da ist häufig nicht nur der Lack ab, sondern auch die Wetterschenkel aus Eichenholz befinden sich im Auflösungsstadium. Seit vergangener Woche überholt die Rottweiler Holzmanufaktur, die sich auf die Instandsetzung historischer Einrichtungen spezialisiert hat, die Fenster. Hier ist Maßarbeit gefragt. Der Denkmalschutz macht es erforderlich. Fenster von der Stange haben keine Chance. „Die vorhandenen Verbundfenster müssen erhalten bleiben“, sagt Architekt Norbert Behringer vom Ebersbacher Architekturbüro Bauer und Behringer. Doch es gibt Annäherungen. Sechs Fenster werden komplett ersetzt. Die anderen werden aufgearbeitet und erhalten eine neue Scheibe mit besserer Wärmewirkung. Jedes Detail musste bei der Planung mit dem Denkmalamt abgestimmt werden, um den Charakter des von den Brüdern Karl und Paul Bonatz gebauten Gebäudes zu erhalten, erklärt der Architekt.
Rund 22 000 Bücher verpackt
Die 22 000 Bücher und rund 150 Zeitschriftentitel der Hochschul-Bibliothek sind derzeit in 120 Rollcontainern in vier Hörsälen gebunkert. „Wir mussten wegen der Statik des Gebäudes die schwere Last auf mehrere Räume verteilen“, erklärt Dieter Gugenhan. Noch herrscht dort Totenstille. Doch wenn am 6. Oktober 1360 Studierende wieder ihre Vorlesungen aufnehmen, wird jeder Hörsaal und jeder Sitzplatz gebraucht. Bis dahin müssen die Arbeiten in der Bibliothek soweit abgeschlossen sein, dass die Räume von den Büchern befreit sind. Verwaltungsleiter Gugenhan blickt zuversichtlich den kommenden Wochen entgegen: „Der Zeitplan ist zwar eng gesteckt, aber wir werden das schon schaffen.“
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