Christlich rentiert sich - Pater Anselm Grün beim "Tag der Finanzen"

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Pater Anselm Grün im Gespräch mit HfWU-Rektor Prof. Dr. Andreas Frey beim „Tag der Finanzen“. (Foto: hfwu/renner)

- „12. Tag der Finanzen“ an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) in Nürtingen, Hauptredner Pater Anselm Grün -

NÜRTINGEN. (hfwu) An christlichen Werten orientiertes Wirtschaften lohnt sich. Denn es stellt den Menschen, die Quelle von Kreativität und Lebendigkeit in den Mittelpunkt. Das sagt Pater Anselm Grün. Er diskutierte beim „Tag der Finanzen“ in Nürtingen mit Vertretern aus Forschung und Wirtschaft. Nicht alle waren seiner Meinung.

„Direkt zu Finanzanlagen spreche ich nicht so oft“, gesteht der Benediktinerpater im Gespräch vor seinem Referat. Vielleicht waren gerade deswegen mehrere Hundert Zuhörer zum „Tag der Finanzen“ in die Nürtinger Stadthalle gekommen. Die Veranstaltung der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) stand in diesem Jahr unter dem Titel  „Ethisches und christliches Handeln auf Finanzmärkten“. Anselm Grün skizzierte, wie man ethisch mit Vermögen und Anlagen am Finanzmarkt umgehen kann. „Entscheidend ist die Grundhaltung mit der ich mit Geld umgehe“, so der 70-Jährige. Frei zu sein von Gier und Angst sei wichtig. Eine innerliche Reife zu haben ebenso. Am wichtigsten aber, dass das Geld den Menschen zu dienen habe und nicht umgekehrt. Geld zu verdienen sei keineswegs verwerflich. Es komme darauf an, sein Vermögen kreativ und sinnvoll einzusetzen. „Denkfaulheit ist keine Gabe des Heiligen Geistes“, so der promovierte Theologe.

Laut Grün zeigen Studien, dass Firmen, die ethische Werte leben, langfristig erfolgreicher sind. Denn wer Werte verachte, verachte auch Menschen. Und die Mitarbeiter seien es, die letztendlich den Erfolg eines Unternehmens ausmachten. „Gerechtigkeit ist eine Kraftquelle, aber 40 Prozent dieses Potenzials werden in den Firmen durch Machtspiele vergeudet“, beklagt der Geistliche. Auch ein Klima der Angst stehe in manchen Unternehmen einem ethischen Wirken entgegen. Bei VW habe dieses Klima der Angst den Raum geöffnet für Betrug. Dass sich eine solche Atmosphäre nicht auszahle, könne man dieser Tage konkret am Wertverfall des Unternehmens sehen. Generell glaubt Grün aber an die positive Wirkung christlichen und ethischen Handelns in der Wirtschaft und auf den Finanzmärkten. Die Menschen hätten begonnen umzudenken. Konsum- und Anlageentscheidungen richteten sich mehr und mehr an ethischen Werten aus.

Bei der Podiumsdiskussion, die sich dem Referat des Benediktinerpaters anschloss, stimmten dem nicht alle zu. „Die fundamentalen ethischen Probleme unserer Zeit, Ressourcenverbrauch und Armut, kann man durch das ethische Handeln einzelner nicht lösen“, ist sich Dr. Eric Fellhauer von der Kapitalanlagegesellschaft Lazard sicher. Susanne Kunschert, Geschäftsführerin der Pilz GmbH Ostfildern und Dr. Hariolf Teufel, Chef der Kreissparkasse Göppingen, hoben die Bedeutung einer wertschätzenden Atmosphäre unter den Mitarbeitern eines Unternehmens hervor. Hier komme ethischen und christlichen Werten eine wichtige Rolle zu.

Eingeladen zum „Tag der Finanzen“ hatten die Professoren Dr. Dr. Dietmar Ernst und Dr. Dr. Joachim Häcker vom Deutschen Institut für Corporate Finance an der HfWU. Sie verwiesen auf seit längerem bestehende Forschungsprojekte an der HfWU zu einem islamischen und christlichen Finanzsystem. In ihrem Referat skizierten sie, wie christlich orientiertes Handeln die derzeit instabilen Finanzmärkte stabilisieren könnte. Dafür müsste sich die Funktion etwa von Zins, Geld und Banken ändern. Der Zins beispielsweise könnte in einem solchen System dadurch ersetzt werden, dass der Geldgeber eine Kompensation erhalte. Kredite würden nur für realwirtschaftliche Investitionen vergeben.  

Udo Renner, 11.11.2015