Besinnung unterm Rettungsschirm - 5. Tag der Finanzen

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Expertenrunde: Heinrich Haasis, Joachim Häcker, Wolfgang Baur, Christian Ossig, Dietmar Ernst, Jürgen Hilse (v.l.n.r.) und Moderatorin Sabrina Fritz.

NÜRTINGEN (ur) Grundlegender Regulierungsbedarf, Lob für die Bundesregierung und Gefahr noch nicht gebannt – diese vorläufige Bilanz zur aktuellen Finanzkrise zogen die Experten auf dem 5. Tag der Finanzen. Die Veranstaltung der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) und des Deutschen Instituts für Corporate Finance lockte mit namhaften Referenten und einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion mehr als 500 Teilnehmer in die Nürtinger Stadthalle.

Zum Auftakt des diesjährigen Tags der Finanzen der HfWU stellte Mitautor Prof. Dr. Dr. Dietmar Ernst, Leiter des Masterstudiengangs International Finance, das jetzt erschienene Buch „Von der Subprime-Krise zur Finanzkrise“ vor. Der Buchvorstellung und gleichsam prägnanten Einführung in das Tagungsthema folgte das Referat von Heinrich Haasis. „Risiken lassen sich nicht wegrechnen“, so der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes mit Blick auf den amerikanischen Hypothekenmarkt und die in den letzten Jahren entstandenen, zum Teil hochkomplizierten Finanzprodukte. Europa könne auf eine lange bodenständige und nachhaltige Finanztradition zurückblicken. Nun käme es darauf an, sich dessen wieder zu besinnen. Sein Fazit: Auch aufgrund des sich jetzt bewährenden konservativen Geschäftsmodells der Sparkassen gebe es derzeit beim Mittelstand bei mittleren Kreditvolumen keine Kreditklemme. 

In der sich dem Referat anschließenden Podiumsdiskussion, die von Sabrina Fritz vom Südwestrundfunk moderiert wurde, forderte Haasis eine moderate Regulierung für den Bankensektor, genauso müsste aber auch das zum Teil irreführende Bilanzierungsrecht für Unternehmen auf den Prüfstand. Neben Haasis waren auf dem Podium mit Christian Ossig ein Mitglied der Geschäftsführung des weltgrößten Finanzinstituts, der Bank of America Deutschland, der Bundesobmann der Sparkassenvorstände und Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Göppingen, Jürgen Hilse, der Direktor des Deutschen Instituts für Corporate Finance, Prof. Dr. Dr. Joachim Häcker und Dr. Wolfgang Bauer, Vorstand der Schuler AG, vertreten. 

Bankmanager Ossig schloss sich der unisono vertretenen Forderung nach mehr Regulierung an, riet aber, diese „eher mit dem Florett statt mit dem Säbel“ vorzunehmen. Für den Banker liegt die große Gefahr in der jetzigen Situation darin, in eine Starre zu verfallen. „Konjunkturzyklen hat es immer gegeben“, so Ossig, die Krise historischen Ausmaßes sei zwar noch nicht überstanden, aber es gebe auch Grund zur Zuversicht, so beispielsweise die nach seiner Einschätzung längerfristig niedrig bleibende Arbeitslosigkeit und die bevorstehenden Weltfinanzgipfel. Dort stünden die Schaffung neuer gemeinsamer Rahmenbedingungen und eine größere Nachhaltigkeit ganz oben auf der Agenda. Mit Blick auf Ossig mahnte Sparkassen-Bundesobmann Jürgen Hilse die Sorgfaltspflicht der Privatbanken an: „Das Produktmanagement wurde hier auf die Spitze getrieben, vom Risikomanagement kann man das nicht sagen.“ So sei insbesondere bei der Produktberatung eine größere Transparenz vonnöten. Die eigene Kundschaft, lobte Hilse, habe bis dato einen kühlen Kopf bewahrt und zu Recht dem Sicherungssystem der Sparkassen vertraut. 

Aus Unternehmersicht stellte Schuler-Vorstand Dr. Wolfgang Bauer fest, „ist die Krise zwar definitiv in der Realwirtschaft angekommen, dennoch sind wir aber weit vom Pessimismus entfernt“. Mit den von der Bundesregierung beschlossenen „Rettungsschirmen“ seien die richtigen Maßnahmen eingeleitet worden, jetzt komme es vor allem darauf an, dass die Banken wieder untereinander Vertrauen fassen und die vorhandenen Mittel in den Markt geben. Die Sicht des Praktikers ergänzte Prof. Dr. Dr. Joachim Häcker mit seiner Einschätzung aus wissenschaftlicher Perspektive. Er warnte vor einer extensiven Fiskalpolitik mit der eine nächste Finanzblase vorprogrammiert sei. Eine Vorhersage, wie es weitergehen werde sei schwer. „Die Auswirkungen zeigen die tatsächliche Globalisierung der Märkte, es ist quasi jeder Wirtschaftsraum betroffen“, so Häcker. Gerade deshalb käme es jetzt darauf an, aus der Krise die Lehren zu ziehen und vor allem nicht wieder eine Überliquidität im Markt zu schaffen. Denn noch sei die Gefahr noch nicht gebannt, dass sich die Finanzkrise zu einer anhaltenden Weltwirtschaftskrise auswächst.