Angehende Stadtplaner arbeiten in Damaskus

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Durch die Bewohner verschönerte Straßenzüge in Damaskus Altstadt

NÜRTINGEN. (HfWU) Derzeit arbeitet wieder eine Gruppe HfWU-Studierender an einem Studienprojekt in Syrien. Vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Entwicklungen in einigen arabischen Ländern ist der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) der interkulturelle und fachliche Austausch mit den syrischen Universitäten Damaskus und Aleppo wichtiger denn je.

Der Studienganges Stadtplanung legt sehr großen Wert auf den studentischen Austausch mit anderen Kulturen. Bereits 2009 und 2010 besuchten sich Stadtplaner der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) und der Universitäten in Damaskus und Aleppo gegenseitig.  Nach langen Vorbereitungen läuft derzeit für die HfWU-Professoren Siegfried Gaß, Cornelia Bott und Alfred Ruther-Mehlis mit ihrer Assistentin Ellen Fetzer und 16 Studierenden des Bachelor-Studienganges Stadtplanung das zwölftägige Abenteuer Syrien. Während eines Projektworkshops lernen die Studierenden die aktuellen gesellschaftlichen und städtebaulichen Entwicklungen in arabischen Städten kennen. Zum anderen geht es um den intensiven fachlichen Austausch mit den syrischen Kommilitonen und Professoren.

Am ersten Tag in Damaskus lernten sich die deutschen und syrischen Studierenden kennen und erkundeten nach einer kurzen gemeinsamen Besprechung das Plangebiet. Während der zwölf Tage bearbeiten die Studierenden eine sogenannte informelle Siedlung, Al-Tabaleh, am Rande der Altstadt von Damaskus.

Die deutschen Studierenden lernten schnell, dass „informell“ nicht heißt, dass eine Siedlung verwahrlost, arm oder unsicher ist. Vielmehr haben die Bewohner ihre Wohnungsprobleme in die eigenen Hände genommen und gelöst, indem sie untergenutzte oder brachliegende Stadtgebiete auf eigene Faust bebaut haben. Die staatliche Seite stellt dann regelmäßig die erforderliche Infrastruktur, wie Straßen und Wasserversorgung, zur Verfügung. Muslimische und christliche Bevölkerungsgruppen arbeiten bei diesen Prozessen friedlich und vertrauensvoll zusammen. Die Häuser werden weiter ausgebaut und die Aufenthaltsqualität in den Straßen wird gemeinsam verbessert. Mittlerweile sind ungefähr vierzig Prozent des Damaszener  Stadtgebietes informell besiedelt.

Die Studierenden in Damaskus arbeiten daran, wie den Bewohnern dieser Siedlungen eine langfristige Perspektive gegeben werden kann. Nur so können die durchaus vorhandenen wirtschaftlichen Potentiale für lokale Investitionen aktiviert werden. Bei Gesprächen während der Begehungen zeigten sich die Anwohner oft sehr unsicher. Diese Unsicherheit hindert sie, sich dauerhaft an das Quartier zu binden tragfähige Nachbarschaften zu entwickeln. Die verantwortlichen Professoren räumen den Studierenden bei ihrer Arbeit bewusst sehr viele Freiheiten ein, so dass jede Gruppe ihren inhaltlichen Schwerpunkt und Lösungsweg selber finden kann.

Die deutsch-syrischen Arbeitsgruppen werden an der Hochschule und vor Ort intensiv durch die begleitenden Lehrkräfte der drei beteiligten Hochschulen betreut. Wie in den Vorjahren zeigten sich die deutschen Studierenden wieder erstaunt darüber, wie selbstverständlich für ihre syrischen Kommilitonen die Sicherheit auch in entlegenen Stadtquartieren zu jeder Tageszeit ist. Die große Offenheit und Wärme, mit der sie empfangen wurden, ist für die HfWU-Studierenden eine schöne und prägende Erfahrung.

Bereits jetzt zeichnen sich in den intensiven Diskussionen zwischen Studierenden und syrischen und deutschen Professoren sehr differenzierte und anregende Arbeitsergebnisse ab. Die Abschlusspräsentation findet an der Universität Damaskus vor einem interessierten Fachpublikum statt. Für den Herbst 2011 ist der syrische Gegenbesuch in Nürtingen geplant.