6. Finanzforum an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU)

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Auf dem Podium des 6. Nürtinger Finanzforums: Rupert Hackl, Dr. Brigitte Wolter, Diskussionsleiterin Christiane Harriehausen, Jürgen Hilse und Prof. Dr. Gerrit Leopoldberger FRICS MAI (von links).

Auf dem Podium des 6. Nürtinger Finanzforums: Rupert Hackl, Dr. Brigitte Wolter, Diskussionsleiterin Christiane Harriehausen, Jürgen Hilse und Prof. Dr. Gerrit Leopoldberger FRICS MAI (von links).

Jürgen Hilse, Bundesobmann der Sparkassenvorstände im Deutschen Sparkassen- und Giroverband, unterstrich in seinem Vortrag die Bedeutung von ethischem Verhalten in Unternehmen.

Jürgen Hilse, Bundesobmann der Sparkassenvorstände im Deutschen Sparkassen- und Giroverband, unterstrich in seinem Vortrag die Bedeutung von ethischem Verhalten in Unternehmen.

Ethik zahlt sich aus

 

Nürtingen (ab) Neue Wege in der Finanz- und Immobilienwirtschaft hat das 6. Nürtinger Finanzforum an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt gezeigt. Die Veranstalter des Campus of Finance stellten in der Nürtinger Stadthalle die Ethik in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung. Hochkarätige Referenten verdeutlichten im Laufe des Tages, dass ethische Unternehmenspolitik die Wirtschaftlichkeit steigert.

 

Nach der Eröffnung durch Hochschulrektor Professor Dr. Werner Ziegler machte Prof. Dr. Kurt M. Maier, Direktor des Campus of Finance, Institut für Finanzmanagement an der HfWU, die Krux zwischen Wirtschaft und Ethik schnell deutlich. Dennoch oder gerade deswegen ist das Thema brandaktuell. Denn „Kunden werden früher oder später erkennen, wenn sie von Finanzdienstleistern über den Tisch gezogen werden,“ wie Prof. Dr. Kurt M. Maier die Branche anmahnte.


Ohne Frage spielt ethisches Verhalten in Unternehmen für Prof. Dr. Winfried Schwatlo MRICS, Vorstand der Focus Real Estate AG in München und Moderator des Forums, eine immens wichtige Rolle, um wirtschaftlichen Erfolg zu haben. Er zeigte Problemlösungsansätze durch Mediation. Das Wissen über professionelles Konfliktmanagement gehöre für alle Führungskräfte in die Manager-Werkzeugkiste: „Eine unprofessionelle Streitkultur schadet dem Unternehmen materiell und innerbetrieblich.“ Business-Mediation als gezielte Konfliktbewältigung bei Auseinandersetzungen im Wirtschaftsleben, bei der eine neutrale dritte Instanz als Mediator die Konfliktparteien durch eine professionelle Konfliktlösung unterstützt, kann im Unterschied zum klassischen Gerichtsverfahren zeitliche und finanzielle Vorteile bieten.

Am Beispiel der Royal Institution of Chartered Surveyors zeigte Judith Gabler, Geschäftsführerin der RICS Deutschland, die ethischen Grundsätze des größten Berufsverbandes der Immobilienwirtschaft. Das Regelwerk der Organisation, das in 120 Ländern gilt, basiert auf neun Grundwerten zur professionellen Berufsausübung in allen immobilienwirtschaftlichen Bereichen und regelt die hohen fachlichen Standards.

Einen unterhaltsamen und gleichsam lösungsorientierten Vortrag präsentierte Frau Dr. E. Noni Höfner vom Deutschen Institut für Provokative Therapie, den sie mit mehreren Fallbeispielen veranschaulichte. Die Strategie zur Konfliktlösung basiert demnach auf der Beseitigung der Denkblockaden. „Sie sollen etwas sehen, was Sie bisher nicht gesehen haben“, sagt die Diplompsychologin. Deshalb spielten hier die Emotionen eine bedeutende Rolle. Humorvoll versucht sie mittels „LKW“,  was „liebevolles Karikieren des Weltbildes“ bedeutet, den Konflikt zu lösen, indem sie ihre Klienten provoziert. Diese kämen dadurch meist aus ihrer Blockade heraus und sähen das Problem mit anderen Augen. Hier liege der erste Schritt für Lösungsansätze.

Nach der Mittagspause hatte Jürgen Hilse, Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Göppingen und Bundesobmann der Sparkassenvorstände, sich die Aufgabe gestellt „Customer Value anstelle des Shareholder Values“ vorzustellen. Hilse wählte diesen Ansatz, da für ihn nicht alle Vorgänge in einem Unternehmen bilanzierbar sind. „Die Folgen unseres Tuns wirken oft in anderen Dimensionen“, sagte er. Zwar müsse das Eigenkapital eine angemessene Verzinsung bringen, um wirtschaftlich zu überleben, aber „Kennzahlen sind nicht alles.“ Denn Kundenbedürfnisse richteten sich nicht nach den Werten des Unternehmens. Die Leistungskraft des Unternehmens ist seiner Meinung nach ganzheitlich zu betrachten. Er beruft sich dabei auf die Biokybernetik nach Frederic Vester, die sich mit Prozessen in Ökosystemen beschäftigt.

Den zweiten Part aus der Bankpraxis übernahm Rupert Hackl, Leiter der Niederlassung der EUROHYP München. Er sprach über die Auswirkungen der Subprime-Krise auf die Immobilienmärkte. Für ihn ist das Thema noch lange nicht vorüber und er zählte die Makler, Rechtsanwälte und Analysten zu den Gewinnern dieser Krise. Mehr Offenheit und Ehrlichkeit in der Vergangenheit hätte er sich in diesem Zusammenhang gewünscht. Allgemein betrachtet erfordere Ethik in Unternehmen auch, unpopuläre Entscheidungen zu treffen.

Unternehmensberaterin Dr. Brigitte Wolter sprach über die Bedeutung einer Sinn gebenden Unternehmenskultur als maßgeblichen Erfolgsfaktor im Unternehmen. Dabei sei jedoch auch die Lebensfähigkeit dieser Kultur ein wichtiges Kriterium. Sie erläuterte den gesellschaftlichen Paradigmenwechsel und die daraus entstehende Herausforderung, Unternehmenskultur zu einer „Quelle der Sinnschöpfung“ weiterzuentwickeln.

Als Experte auf dem Gebiet der Immobilienbewertung sprach Prof. Dr. Gerrit Leopoldsberger FRICS MAI, vom Studiengang Immobilienwirtschaft der HfWU, über die Ethik im Gutachtergeschäft. Den unterschiedlichen Wunschvorstellungen der Auftraggeber – ob steuerliche oder finanztechnische Aspekte eine Rolle spielen oder ob die Wertsteigerung im Vordergrund steht – kann der Gutachter nur den echten Marktwert auf Basis international akzeptierter Standards entgegen setzen: „dabei gibt es keinen ethischen Einfluss“, wie Leopoldsberger sagt.  Er sieht den Sachverständigen auch nicht als Schiedsrichter, sondern als Reporter, der sagt, was der Markt für eine Immobilie bereit ist zu bezahlen. Das es für Leopoldsberger daher unethisch ist, die Honorarleistung an den Wert eines Objekts oder gar an den Erfolg einer Unternehmens zu verknüpfen, ist leicht nachvollziehbar.

In der abschließenden Podiumsdiskussion, die von der Wirtschaftsjournalistin Christiane Harriehausen geleitet wurde, arbeiteten die Referenten die Bedeutung ethischen Handelns weiter heraus. Prof. Dr. Leopoldsberger sieht das Problem der Ethik darin, „dass wir sie nicht messen können“. Dennoch waren sich die Teilnehmer einig, dass es ohne Ethik nicht gehe, wenn man langfristig wirtschaftlichen Erfolg haben möchte. Jürgen Hilse forderte die Wissenschaft deshalb auf, Anhaltspunkte für ethisches Verhalten zu untersuchen, um diese greifbarer zu machen. Für ihn beginnt Ethik übrigens in der Wertschätzung der Mitarbeiter und Kunden und dem Eingestehen eigener Fehler – das habe sich in seinem bisherigen Berufsleben stets gelohnt.