1. Tag der Betriebswirtschaft: Nachhaltigkeit ist kein Luxus

Published at |

Foto (üke): Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion: Professor Dr. Willfried Nobel, der Unternehmer Manfred Tries, Dr. Dirk Koch, Anwalt der Kanzlei GSK Stockmann und Kollegen, Professor Dr. Ulrich Sailer und Guido Rebstock vom Wirtschafts- und Finanzministerium.

- Hochschule veranstaltet den 1. Tag der Betriebswirtschaft – Veranstaltung in der Kreissparkasse -

NÜRTINGEN (hfwu). Die Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) hat die Nachhaltige Entwicklung zum Kern ihres Profils gemacht. Auch die Wirtschaftswissenschaften nehmen dies für sich in Anspruch. „Die Nachhaltigkeit ist längst in der Betriebswirtschaft angekommen“, stellte der Dekan der Fakultät Wirtschaft und Internationale Finanzen, Professor Dr. Joachim Reinert, beim ersten Tag der Betriebswirtschaft fest.

Wie die mittelständische Wirtschaft mit der Forderung nach nachhaltigem Wirtschaften umgeht, war das Thema der Veranstaltung. Eine Veranstaltung, die dazu beitragen soll, Wirtschaft und Hochschule noch enger zu verzahnen. „Davon profitieren beide Seiten. Die Unternehmen aber auch die Hochschule“, so HfWU-Rektor Professor Dr. Andreas Frey. Für ihn ist es keine Frage, dass gerade im Mittelstand das Bewusstsein für die nachhaltige Entwicklung verankert ist, bei der Umsetzung stelle sich aber nach wie vor die Frage, „was bringt es dem Unternehmen“?

Eine Menge, glaubt man dem Unternehmer Manfred Tries. Er hat sein Unternehmen, das in Ehingen Hydrauliksysteme herstellt, konsequent in allen Bereichen auf nachhaltiges Wirtschaften zugeschnitten. „Das ist kein Luxus, sondern notwendig, um das Unternehmen langfristig zu sichern“. Alle Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit in seinem Unternehmen seien kostendeckend, so Tries. Für ihn ist klar, „je sozialer ein Unternehmen ist, desto höher ist auch der Gewinn“. Damit stellt der schwäbische Unternehmer die Formel des liberalen Ökonomen Milton Friedmann auf den Kopf, die zuvor HfWU-Professor Dr. Ulrich Sailer zitiert hatte: „Je höher der Gewinn, desto sozialer verhält sich das Unternehmen“. Mit diesem freiheitlichen Prinzip habe die Wirtschaft für einen unvergleichlichen Wohlstand gesorgt. Gleichzeitig aber werde die Ressource Umwelt stärker verbraucht, als sie sich regenerieren könne. Würde ein Unternehmen so handeln, wäre es laut Sailer insolvent. Zeit umzusteuern und hier sieht Sailer auch die Betriebswirtschaft in der Pflicht. Der Nürtinger BWL-Professor kritisiert die vielen Umweltmanagementsysteme, die in die Unternehmen Einzug halten. Zertifikate sorgten zwar auf der einen Seite für Rechtssicherheit und Einsparungen, jedoch seien sie formalistisch und in ihrer Wirkung häufig auf die Fachabteilungen beschränkt. So würden zwar Mindeststandards gesichert, doch entstünden dadurch noch keine nachhaltigen Unternehmen.

Mehr verspricht sich Sailer von einem sogenannten Nachhaltigkeitscontrolling. Es gehe darum, genau zu messen wo und an welcher Stelle in den Unternehmen tatsächlich ökologische oder soziale Kosten entstehen. Dann lasse sich entsprechend gegensteuern. Der Vorteil: Man schafft Transparenz, vermeidet Dirigismus und sucht nach marktkonformen Steuerungsmethoden.

Die Großkonzerne stehen bei der Nachhaltigkeitsdiskussion nicht am Rand. Dr. Dirk Koch, der unter anderem Siemens berät, beschrieb den Aufwand, den dieses Unternehmen betreibt, um wasserdichte Anti-Korruptionsprogramme zu etablieren. „Das ist nur ein Element der Nachhaltigkeit, aber unverzichtbar“. Nicht ganz freiwillig spielt Siemens hier inzwischen eine Vorreiterrolle. Schwer gebeutelt durch Korruptionsverfahren in vielen Ländern, hat der deutsche Konzern inzwischen Maßnahmen eingeführt, die direkte Auswirkungen auf die oft mittelständischen Zulieferer haben. Alle Lieferanten werden aufwändig geprüft und müssen sich einem strengen Verhaltenskodex unterziehen. Das Ruder wurde komplett herumgerissen und heute gilt in München “only clean business is Siemens business“. Koch sieht auch für die Konzerne in dem Gleichgewicht von Ökonomie, Ökologie und Sozialem keinen Widerspruch, sondern Geschäftschancen für die Unternehmen.

Die vierte Säule, die Partizipation, kam einigen Gästen der Veranstaltung zu kurz. Dies wurde in der Podiumsdiskussion deutlich, die HfWU-Prorektor Professor Dr. Willfried Nobel leitete. Diese sieht Guido Rebstock vom baden-württembergischen Wirtschafts- und Finanzministerium jedoch gerade beim Mittelstand gut aufgehoben. Die Politik unterstütze die mittelständischen Unternehmen dabei, über Partizipation ihre soziale Verantwortung wahrzunehmen. Sein Ministerium verleihe dafür den eigens eingerichteten Mittelstandspreis. Trotzdem, dies war das Credo der Diskussion, Partizipation findet statt. Auf jeden Fall beim Mittelstand, in den Konzernen eher nicht.

Der erste Tag der Betriebswirtschaft brachte Studierende, Unternehmer, Professoren und Ehemalige an einen Tisch. Der Auftakt für die gewünschte Verzahnung vom Hochschule und Wirtschaft war gelungen. Auch aus der Sicht der Kreissparkasse: „Für uns war es selbstverständlich, dabei mit im Boot zu sein, so Uwe Alt, Direktor der gastgebenden Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen.

Gerhard Schmücker
Nürtingen, 27.01.2014