Gleichstellung - Aufgaben und Ziele

In Deutschland studieren etwa ebenso viele Frauen wie Männer. In Aufsichtsräten, Vorständen oder als Professorinnen an Hochschulen sind Frauen jedoch eher spärlich vertreten. Überdurchschnittlich gut vertreten sind die Frauen hingegen in Elternzeit, Teilzeit und in der Pflege von Familienangehörigen. Wollen Frauen keine Karriere machen oder lässt man sie nicht? Wollen Männer weniger Zeit mit ihren Kindern verbringen als Frauen? Ist eine Tätigkeit als Hausmann mit unserem Bild von Männlichkeit unvereinbar? Will Gleichstellung diese Unterschiede abschaffen?

Gleiche Teilhabe und gleiche Chancen für alle

Gleichstellung zielt auf die Förderung der gleichberechtigten Teilhabe und gleicher Chancen für alle Geschlechter in allen gesellschaftlichen Bereichen. Die HfWU setzt sich dafür ein, dass in ihrem Einflussbereich, vor allem in den Bereichen Lehre und Forschung, gleiche Teilhabe und gleiche Chancen und Wahlmöglichkeiten für alle Menschen bestehen. Im Hochschulgesetz von Baden-Württemberg heißt es:

„Die Hochschulen fördern bei der Wahrnehmung aller Aufgaben die tatsächliche Durchsetzung der Chancengleichheit von Frauen und Männern und wirken auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin; sie fördern aktiv die Erhöhung der Frauenanteile in allen Fächern und auf allen Ebenen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, und sorgen für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und wissenschaftlicher, künstlerischer und medizinischer Tätigkeit. Bei allen Aufgaben und Entscheidungen sind die geschlechterspezifischen Auswirkungen zu beachten.“

Neben Frauen und Männern sind auch die Menschen einzubeziehen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen. Diese müssen sich nach einer neuen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr einer der geltenden Geschlechterkategorien zuordnen.

Chancengleichheit ist oft noch nicht verwirklicht

In vielen Lebensbereichen innerhalb und außerhalb der Hochschule sind die Ziele der gleichberechtigten Teilhabe und der Chancengleichheit der Geschlechter noch nicht verwirklicht. Dies betrifft etwa Lohnunterschiede der Geschlechter, die geschlechterspezifische Berufs- und Familienorientierung oder die Unterrepräsentanz von Frauen in prestigereichen Positionen (z.B. hat die HfWU nur etwa 20 % Professorinnen und 3 % Ehrensenatorinnen).

Verschiedene Ursachen für Ungleichheit

Dies muss nicht das Ergebnis von Diskriminierung sein, sondern kann auch Ausdruck biologischer Unterschiede, individueller Lebensentscheidungen oder Folge einer Kultur sein, die es Menschen erschwert, eine freie Wahl zu treffen (z.B. die Tatsache, dass nur Frauen Kinder austragen können oder die gesellschaftliche Erwartung, dass Frauen Elternzeit nehmen). Die unterschiedlichen Frauenanteile in den Studienfächern können auch Ausdruck unterschiedlicher Interessen sein.

Die unterschiedliche Bildungs- und Berufswahl von Frauen und Männern sowie ihr Rollenverständnis in der Familie wird jedoch maßgeblich durch geschlechtstypische Stereotypen beeinflusst. Auch unsere Sprache beeinflusst unser Denken und unser Bild von der Wirklichkeit: Der derzeitige Forschungsstand legt etwa nahe, dass wir bei der Verwendung der männlichen Form in der Regel nur an männliche Personen denken (z.B. „Ärzte“, „Anwälte“ oder „Pianisten“). Wenn aber zum Beispiel Berufe in einer weniger festgelegten Sprache dargestellt werden - beispielsweise durch Nennung der weiblichen und männlichen Form („Ingenieurinnen und Ingenieure) – dann schätzen Frauen oder Mädchen die vermeintlichen „Männerberufe“ als erreichbarer ein und trauen sich eher zu, diese zu ergreifen. Auch Männer können von Gleichstellung direkt profitieren, da auch sie gesellschaftlichen Erwartungen und Rollenbildern ausgesetzt sind, denen sie möglicherweise gar nicht entsprechen wollen oder die ihrer Selbstverwirklichung im Weg sind (z.B. wenn sie nach der Geburt eines Kindes zwei Jahre in Elternzeit gehen wollen und sie deshalb mit ihrem Arbeitgeber Probleme bekommen oder wenn sie in Teilzeit als Kindergärtner arbeiten wollen).

Sexuelle Identität und „drittes Geschlecht“

Auch Fragen der sexuellen Identität hängen eng mit dem Thema der Gleichstellung zusammen. Dabei kann es etwa darum gehen, zu welchem Geschlecht sich ein Mensch zugehörig fühlt oder ob er/sie/sier (über ein gutes Personalpronomen wird noch diskutiert) sich überhaupt in eine der angebotenen Geschlechtskategorien einordnet und welche sexuelle Orientierung eine Person hat. Es kann auch darum gehen, ob jemand die Rolle, die in unserer Kultur einem bestimmten Geschlecht zugeschrieben wird, überhaupt ausfüllen kann oder will. Als weitgehend ungewöhnlich angesehen wird es etwa, wenn ein Mann Röcke trägt oder wenn eine Frau einem Mann in den Mantel hilft).

Fazit

Gleichstellung will also nicht vorschreiben, wie Menschen leben sollen, sondern zielt darauf ab, mehr Wahlmöglichkeiten für alle Menschen zu schaffen, unabhängig davon, ob sie sich für Karriere, Kinder, beides oder etwas ganz anderes entscheiden. Sie soll gesellschaftliche Vielfalt fördern und zur Anerkennung unterschiedlicher Lebensentwürfe im Interesse aller Menschen beitragen.