Innovative Strategien für eine ethische Wertschöpfung der Kälber aus der ökologischen Milchviehhaltung (WertKalb)

Hintergrund

Seit September 2020 forscht die HfWU Nürtingen in Kooperation mit der Universität Hohenheim am Projekt „Innovative Strategien für eine ethische Wertschöpfung der Kälber aus der ökologischen Milchviehhaltung“, besser bekannt unter dem Akronym „WertKalb“.

Im Projekt geht es darum, das Tierwohl der (Milchvieh-)Kälber ökologisch wirtschaftender Milchviehbetriebe zu verbessern. Hintergrund ist, dass diese oftmals eine geringe Wertschätzung erfahren, weil in Biobetrieben durch die Fütterung von Vollmilch über die ersten drei Lebensmonate der Tiere sehr hohen Kosten entstehen. Hinzu kommt, dass die Kälber von Milchviehrassen, wie sie des Öfteren in Biobetrieben eingesetzt werden, nur schlechte Mastleistungen erzielen und damit auf dem Markt meist nur sehr geringe Preise erzielen, wodurch der wirtschaftliche Nachteil für die Betriebe weiter verstärkt wird. Die Kälber werden üblicherweise direkt nach der Geburt von der Mutter getrennt, werden größtenteils im Alter von 2 bis 5 Wochen verkauft, verlassen die regionale (Bio-) Wertschöpfungskette und werden nach Norddeutschland und ins Ausland transportiert und dort gemästet. Dieses “Kälberproblem” ist beispielhaft für die Komplexität technologischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklungen und für aktuelle tierethische Aspekte der Nutztierhaltung.

Zur Lösung dieser Problematik werden im Projekt unterschiedliche Ansätze fokussiert. Diese umfassen insgesamt fünf Strategien, die einerseits die Kälberzahl insgesamt reduzieren und andererseits deren Tierwohl verbessern sollen. Innovative und wertschöpfende Lösungsstrategien in den Bereichen Tierzüchtung, Tierhaltung und Vermarktung wurden zusammen mit Bio-Landwirten, Vertretern der Bio-Verbände, Erzeuger- und Absatzgemeinschaften und Einzelexperten in der Vorphase des WertKalb‘-Projektes identifiziert.

Diese beinhalten

  • die Reduzierung der Kälberzahl durch eine verlängerte Laktation und Zwischenkalbezeit,
  • die Entwicklung und Förderung von artgerechten Kuh-Kalb-Systemen (z.B. durch eine Querfinanzierung über die Milch) und von Bio-Kälbermastbetrieben (z.B. durch eine Kooperation mit Mutterkuhbetrieben),
  • die Steigerung der Fleischleistung durch die Auswahl und Züchtung geeigneter Herkünfte,
  • die Beseitigung des Transportproblems und die Förderung der Regionalität durch mobile Schlachteinheiten und
  • die Steigerung der Nachfrage nach Bio-Kalbs- und Rindfleisch durch wertvermittelnde Marketingkonzepte, wie z.B. die regionale „Bruderkalb“-Vermarktung und durch das Angebot in der (Betriebs)Gastronomie.

Ziele

In Zusammenarbeit mit den Projektpartnern evaluiert die Universität Hohenheim das Potenzial der oben beschriebenen Strategien zur Verringerung des Kälber-Problems. Hierzu werden einerseits Forschungsarbeiten in Form von Abschlussarbeiten und Dissertationen verfasst, die  

  • das Adoptionspotenzial (u.a. Umsetzung, Akzeptanz und Hemmnisse) der Strategien im Bereich der Tierhaltung und –züchtung für Bio-Landwirte
  • das Marktpotenzial (u.a. Verbraucherakzeptanz, Kaufverhalten und Umsatz) der ethisch hergestellten Bio-Produkte qualitativ und quantitativ bewerten.

Für die partizipative Entwicklung der Strategien mit Landwirten, Verbrauchern und Marktakteuren liegt der Fokus auf den Bio-Musterregionen Ravensburg, Biberach, Hohenlohe und Freiburg. Die erwarteten Ergebnisse sollen Antworten auf die drängende Frage liefern, wie eine tierethisch vertretbare, nachhaltige und den Prinzipien des ökologischen Landbaus konforme Entwicklung der Branche gestaltet werden kann. Somit trägt das Projekt zur Verringerung des Kälber-Problems bei und unterstützt damit sowohl die Weiterentwicklung und Stärkung des ökologischen Landbaus als auch die landwirtschaftliche und gesellschaftliche Transformation in Richtung Nachhaltigkeit und verstärktem Bio-Konsum.

Um eine Schnittstelle zwischen Theorie und Praxis schaffen zu können, organisiert die HfWU wiederum die sogenannten Dialogforen, bei denen die Forschungsergebnisse den Projektpartnerinnen und –partnern zur Diskussion gestellt werden.

 

 

Projektleitung HfWU:

 

 

Prof. Dr. Jürgen Braun

 

 

Projektbearbeitung HfWU:

 

Dr. Angelika Thomas

M.Sc. Roxanne Geier

 

Projektlaufzeit:

 

01.07.2020 bis 30.06.2023

Kooperationspartner:

 

 

Universität Hohenheim

https://oekolandbauforschung-bw.uni-hohenheim.de/projekt_wertkalb

 

 

Partner:

 

https://oekolandbauforschung-bw.uni-hohenheim.de/wertkalb_partner

 

 

Fördergeber:

 

Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg

 

Gefördert durch: